Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 574

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darunter versteht, so ist der Antrag nicht nur etwas ganz Überflüssiges, sondern direkt eine Ohrfeige für den Parteitag und die Partei. Ich sagte, keine einzige Partei gibt es, die die Freiheit der Kritik in so ausgiebigem Maße gewährt wie die unserige. Wenn Sie aber darunter verstehen sollten, daß die Partei im Namen der Freiheit der Kritik kein Recht haben sollte, zu gewissen Meinungen und Kritiken der letzten Zeit Stellung zu nehmen und durch Majoritätsbeschluß zu erklären: wir stehen nicht auf diesem Standpunkte, so muß ich dagegen protestieren, denn wir sind nicht ein Diskutierklub, sondern eine politische Kampfpartei, die bestimmte Grundanschauungen haben muß. (Lachen.)

III Persönliche Bemerkung zum „Vorwärts“-Bericht vom 7. September 1899

[1]

Ich habe den Bericht im „Vorwärts“[2] ausdrücklich (in Nr. 209 vom 9. September 1899) berichtigt[3]; ich habe die Nummer augenblicklich nicht hier. Außer der „Leipziger Volkszeitung“ hat auch die „Frankfurter Zeitung“ die Berichtigung abgedruckt, die dieselbe Beschuldigung gegen mich erhoben hatte wie Vollmar. („Hört!“ „Hört!“)

IV Rede über die Stellung der deutschen Sozialdemokratie zum Militarismus

[4]

Die Rede Schippels, besonders im ersten Teil, war eine Verteidigung des Militarismus, wie sie ein Kriegsminister ganz gut einer Militärvorlage beilegen könnte.' (Heiterkeit.) Mir wurde hier mehrfach vorgeworfen, ich wäre in einer so unerwartet milden Weise aufgetreten, ich hätte mit einer so herzgewinnenden Milde gesprochen. Das kommt daher, weil ich allgemeinen theoretischen Debatten in bezug auf den Opportunismus nicht allzuviel praktische Bedeutung beimesse. Wichtig ist für mich die Bekämpfung der konkreten Erscheinungen des Opportunismus, und als solche betrachte ich vor allem die Stellung Schippels zum Militarismus.

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[1] Redaktionelle Überschrift.

[2] Am 7. September 1899 hatte der „Vorwärts“ über eine Versammlung des sozialdemokratischen Wahlvereins für den dritten Berliner Reichstagswahlkreis vom 5. September zur Vorbereitung des sozialdemokratischen Parteitages berichtet, in der Rosa Luxemburg zur Diskussion gesprochen hatte.

[3] Siehe Rosa Luxemburg: Eine Richtigstellung. In: GW, Bd. 1/1, S. 510 f.

[4] Max Schippel hatte in einer längeren Rede versucht, die antimilitaristische Haltung der Sozialdemokratie zu revidieren, und sich besonders gegen die Milizforderung ausgesprochen.