Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 798

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Pole, im Anschluß an nationalistische Parteien, sondern als Sozialdemokrat seine Nationalitätsinteressen am besten verteidigt. (Beifall.)

III Rede über die Polenfrage in der Partei

[1]

Zunächst muß ich Ihnen ein paar Worte zur Naturgeschichte des Genossen Haase erzählen. (Große Heiterkeit.) Jedenfalls ist er Ihnen heute als ein sehr heuriger Haase erschienen. (Erneute Heiterkeit.) Vor ein paar Monaten hörte man aber in der polnischen Sozialdemokratie noch nichts von ihm. Erst als ich auf dem letzten polnischen Parteitag[2] in die Preßkommission des polnischen Parteiblatts gewählt war und dort gegen die Unvernunft der polnischen Gruppe in Berlin auftrat, die der Genosse Haase hier vertritt, da tauchte er auf. Ich habe die nationalistischen Phrasenmachereien dieser Gruppe stets mit aller Macht bekämpft. Fragen Sie die Genossen in Posen und Oberschlesien, wie sehr dies nationalistische Phrasentum die Bewegung dort geschädigt hat. Erst seit 2 Jahren ist es besser geworden, seit die deutschen Genossen sich mit dem vernünftigen Teil der Polen zusammengetan und ab ovo (von neuem) angefangen haben. Erst jetzt ist dort der richtige Boden gefunden worden. Die Wiederherstellung Polens ist für mich eine reine Doktorfrage. Auf die praktische Arbeit kommt es an. Mögen die Berliner Polen von den Utopistereien sich nur in der praktischen Arbeit nicht stören lassen. Was geschieht aber? Nur zwei Blüten für diese nationalistischen Phrasereien. Auf dem letzten polnischen Parteitag ist der Antrag gestellt worden, den deutschen sozialdemokratischen Kandidaten in Schlesien, so dem Genossen Sachse, einen polnischen Kandidaten entgegenzustellen. („Hört! Hört!“) Durch meinen Einfluß ist dieser Antrag gefallen. Und weiter: Die „Gazeta Robotnicza“ hat jüngst sogar zur Gründung eigner polnischer Gewerkschaften aufgefordert. So wird doch nicht das Zusammenarbeiten gefördert. Ich habe mir in Berlin alle Mühe gegeben, die Leute zu einer vernünftigen Führung der Geschäfte und des Blattes zu befähigen. Mit größter Geduld habe ich mich bemüht, die Leute von ihren nationalistischen Zwangsvorstellungen (Heiterkeit) zu befreien. Sie sind aber so verbohrt, daß nichts mit ihnen anzufangen ist. Ich bitte Sie, den Antrag 70 mit meiner Begründung[3] anzunehmen. Den

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[1] Redaktionelle Überschrift.

[2] Der fünfte Parteitag der polnischen Sozialdemokratie Deutschlands fand am 15. und 16. April 1900 in Berlin statt.

[3] Siehe im vorliegenden Text „Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands vom 17. bis 21. September 1900 in Mainz“.