für Kriegsschiffe bestimmt, so daß der Militarismus im laufenden Jahre ca. eine halbe Milliarde Rubel verschlingen wird. So rüstet dieselbe Regierung ab, die jetzt alle anderen Regierungen nach St. Petersburg zu einer Abrüstungskonferenz einlädt.[1] „Wir kennen die Weise, wir kennen den Text, wir kennen auch den Verfasser, wir wissen, sie trinken heimlich Wein und predigen öffentlich Wasser.“[2]
IV „Zunehmender Volkswohlstand“
In ihren Rückblicken auf das Wirtschaftsjahr 1898 kommen alle bürgerlichen Blätter und offiziellen Berichte zu dein erfreulichen Schluß: das Wirtschaftsjahr sei ein glänzendes gewesen und ein „zunehmender Volkswohlstand“ sein Ergebnis.
Allerdings gibt es Beweise genug, daß das verflossene Jahr einen außerordentlichen Aufschwung in der Produktion und im Handel gebracht hat. Vor allem zeigt es die Statistik des auswärtigen Handels Deutschlands. Die Einfuhr betrug im Jahre 1898 42,7 Millionen Tonnen oder, dem Werte nach, 5 477,6 Millionen Mark, sie war also gegenüber dem Jahr 1897 um 2,5 Millionen Tonnen und um 613 Millionen Mark gestiegen. Die Ausfuhr betrug 30,1 Millionen Tonnen oder 4 001,7 Millionen Mark, d. h., verglichen mit dem Jahre 1897, um über 2 Millionen Tonnen und 215 Millionen Mark mehr.
Ferner zeigen die Resultate der Einkommensteuererhebung im Königreich Preußen gleichfalls, daß im verflossenen Jahr der Reichtum im Lande viel stärker gewachsen ist als in einer Reihe vorhergehender Jahre. Das gesamte steuerpflichtige Einkommen physischer Personen in Preußen belief sich auf rund 6 774,9 Millionen Mark gegen 6 374,6 in 1897, 6 086 in 1896, 5 936,9 in 1895, 5 784,8 in 1894, 5 725,3 in 1893 und 5 724,3 Millionen Mark in 1892. Das Tempo der Steigerung, das anfangs des letzten Jahrzehnts noch ein langsames war, wurde zum Schluß immer rascher, so daß das verflossene Jahr allein eine Steigerung des Einkommens um mehr als 400 Millionen Mark aufweist!
Endlich auch die Statistik der preußischen Sparkassen führt zum gleichen Schlusse über den wirtschaftlichen Aufschwung. Die Zahl der Sparbücher hat sich seit 1883 mehr als verdoppelt, die Einlagen haben
[1] Auf Initiative Rußlands, das im internationalen Wettrüsten nicht Schritt halten konnte, sollte eine internationale Konferenz zu Fragen der Aufrechterhaltung des Friedens und Einschränkung der Rüstung stattfinden. Am 12. August 1898 hatte die zaristische Regierung allen ausländischen Gesandten in Petersburg eine entsprechende Note überreicht. In einem zweiten Schreiben vom 11. Januar 1899 formulierte sie die Tagesordnungspunkte, die für die vom 18. Mai bis 29. Juni in Den Haag stattfindende sogenannte Friedenskonferenz als Verhandlungsgrundlage dienen sollten.
[2] Siehe Heinrich Heine: Werke in fünf Bänden, Zweiter Band, Weimar 1962, S. 95.