Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 719

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Zur Verlegung des polnischen Parteiblattes

Leipzig, 27. April

In der „Leipziger Volkszeitung“ (Nr. 84) hat Genosse Winter[1] die Notwendigkeit, das polnische Parteiblatt, die „Gazeta Robotnicza“, von Berlin nach Oberschlesien zu verlegen, des näheren begründet und eine Diskussion in dieser Frage herbeizuführen gesucht. Inzwischen hat der zu Ostern in Berlin abgehaltene polnische Parteitag zu dieser Frage Stellung genommen, und zwar in einer Weise, die den Genossen Winter gewiß befriedigen dürfte. Der Parteitag hat nämlich in einer einstimmig angenommenen Resolution die oberschlesischen Genossen beauftragt, die Verlegung des Blattes nach Oberschlesien schleunigst zu ermöglichen, d. h., materielle Vorbedingungen hierfür – ein geeignetes Lokal, eine Druckgelegenheit, bestimmte Rechtssicherheit u. dgl. – zu besorgen.

Nun liegt die Sache an unseren Oberschlesiern und vor allem an dem Genossen Winter selbst, die Verlegung so bald wie möglich herbeizuführen. Niemand kann ihnen dabei hindernd in den Weg treten. Wir täuschen uns freilich ebensowenig wie Genosse Winter darüber, daß die Berliner polnischen Genossen und der Parteivorstand nicht zu gern die „Gazeta“ aus Berlin entfernt sehen möchten, daß sie dabei befürchten mögen, auf das in Oberschlesien herausgegebene Blatt nicht mehr in dem Maße Einfluß üben zu können wie bis jetzt. Allein das sind Momente, die schließlich nicht in Betracht kommen, denn angesichts des erwähnten Beschlusses des Parteitags werden, sobald sich die Verlegung wirklich als materiell möglich herausstellt, auch die Berliner Genossen kein Wort dagegen sagen können.

Prinzipiell ist die Frage also entschieden. Anders, was den Zweck der Verlegung der „Gazeta Robotnicza“ nach Oberschlesien betrifft. Hier

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[1] August Winter war 1897 nach Oberschlesien gekommen und hatte in Königshütte den Sozialdemokratischen Verein für Oberschlesien gegründet. Er erwarb sich Verdienste bei seiner Tätigkeit im Arbeitersekretariat, in den Gewerkschaften und bei der Agitation zur Vorbereitung der Reichstagswahlen. Mit seiner Forderung nach einer Einheitsfront polnischer und deutscher Arbeiter in Oberschlesien trat er gegen den Nationalismus der PPS auf.