Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 238

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die Produktion zu einer gesellschaftlichen zu gestalten, ob sie schon dazu reif ist, daß das eine Doktorfrage ist. Für uns darf nie ein Zweifel sein, daß wir nach der Eroberung der politischen Macht streben müssen. Eine sozialistische Partei muß sich immer der Lage gewachsen zeigen, sie darf nie vor ihren eigenen Aufgaben zurückschrecken. Dann müssen unsere Ansichten über das, was unser Endziel ist, vollständig geklärt sein, wir werden es verwirklichen, trotz Sturm und Wind und Wetter. (Beifall.)

II Rede über das Verhältnis des trade-unionistischen zum politischen Kampf

[1]

Vollmar hat es mir zum bitteren Vorwurf gemacht, daß ich als junger Rekrut in der Bewegung die alten Veteranen belehren will. Das ist nicht der Fall. Es wäre überflüssig, weil ich der festen Überzeugung bin, daß die Veteranen auf demselben Boden stehen wie ich. Es kommt hier überhaupt nicht darauf an, irgend jemand zu belehren, sondern eine bestimmte Taktik zum klaren und unzweideutigen Ausdruck zu bringen. Daß ich mir meine Epauletten in der deutschen Bewegung erst holen muß, weiß ich; ich will es aber auf dem linken Flügel tun, wo man mit dem Feinde kämpfen, und nicht auf dem rechten, wo man mit dem Feinde kompromisseln will. (Widerspruch.) Wenn aber Vollmar gegen meine sachlichen Ausführungen das Argument ins Feld führt: Du Gelbschnabel, ich könnte ja dein Großvater sein, so ist das für mich ein Beweis, daß er mit seinen logischen Gründen auf dem letzten Loche pfeift. (Lachen.) Tatsächlich hat er im Laufe seiner Ausführungen eine Reihe Äußerungen getan, die im Munde eines Veteranen zum mindesten befremdend sind. Seinem niederschmetternden Ausspruch von Marx über den Arbeiterschutz halte ich den anderen Marxschen Ausspruch entgegen, daß die Einführung des Arbeiterschutzes in England geradezu die Rettung der bürgerlichen Gesellschaft selbst bedeutete. Vollmar sagte ferner, es sei falsch, die gewerkschaftliche Bewegung nicht als sozialistische zu behandeln, und verwies auf die Trade-Unions. Ja hat denn Vollmar gar nichts von dem Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Trade-Unionismus gehört? Weiß er nicht, daß die alten Trade-Unionisten ganz auf dem verstockten bürgerlichen Standpunkt stehen? Weiß er nicht, daß kein anderer als Engels es war, der die

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[1] Redaktionelle Überschrift.