Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 642

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Brauchen wir Kolonien?

Die neuen Flotten- und Kolonialpläne[1] werden bekanntlich vor allem mit den Interessen unseres Handels begründet. Demgegenüber muß man immer und immer wieder mit Mr. Bounderby aus Dickens „Harten Zeiten“ rufen: Tatsachen und Zahlen! Zahlen und Tatsachen!

Die neuesten statistischen Daten über Deutschlands auswärtigen Handel, veröffentlicht in der offiziellen „Statistik des Deutschen Reichs“, werfen wieder ein sehr interessantes Schlaglicht auf die Frage. Unser Warenverkehr mit den einzelnen Weltteilen stellte sich 1898 dar:

in 1 000 Mark
Einfuhr von Ausfuhr nach
Europa 3 577 999 3 429 917
Amerika 1 329 216 541 774
Asien 339 336 172 157
Afrika 101168 67 362
Australien 88 295 35 081

Mehr als neun Zehntel unseres gesamten Außenhandels entfallen also auf die europäischen Länder und Amerika, mit denen wir weder mittels Torpedobooten die Handelspolitik angeknüpft haben noch sie auf diesem Wege erweitern oder befestigen können. Die Ausdehnung unseres Warenverkehrs mit diesen Ländern stand vielmehr immer in direktem Zusammenhang mit unserer Handelspolitik. Charakteristisch hierfür ist im besonderen auch wieder der Rückgang unserer Ausfuhr nach Amerika von 609 Millionen Mark im Jahre 1897 auf 541,8 Millionen M im Jahre 1898, zweifellos infolge der prohibitiven Zollpolitik für Industrieerzeugnisse,

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[1] Siehe Rosa Luxemburg: Flottenvermehrung und Handelspolitik. In: GW, Bd. 1/1, S. 613–615.