Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 641

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Bei uns ging es anders zu. Dank der gesegneten Wirkung der agrarischen Wirtschaftsreformer wurde die verkrachte Industrie in den Panzer der Schutzzölle gesteckt, in dem sie sich zu mächtigen kapitalistischen Gebilden kartellierte, die die Arbeiterkoalitionen mit ihrer Wucht beinahe erdrückten. Es waren dieselben durch die Politik der Vereinigung der Steuer- und Wirtschaftsreformer „geretteten“ Eisenindustriellen, die 1890 in Frankfurt durch ihren Wortführer erklärten: niemals würden sie mit ihren Arbeitern auf dem Boden der Gleichberechtigung verhandeln.[1]

Es ist dieselbe Vereinigung, die die ganze Zeit hindurch die Innungen, diesen zweiten Hauptfeind der Koalitionsfreiheit der Arbeiter, unterstützte und über Wasser zu halten suchte.

Es ist dieselbe Vereinigung, deren Brotwucher eine fortdauernde, ziffernmäßig nachgewiesene Unterernährung des arbeitenden Volkes erzeugt hat.

Die Rechnung sieht üppig aus: Sozialistengesetz, Erdrückung des Koalitionsrechtes, Brotwucher und chronischer Halbhunger – die „Kreuz-Zeitung“ mag ruhig sein, der schuldige Dank wird ihren Parteigängern von der Arbeiterschaft sicher zuteil!

Leipziger Volkszeitung,

Nr. 280 vom 4. Dezember 1899.

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[1] Diese Erklärung war am 22. Mai 1890 auf der Delegiertenversammlung des Zentralverbandes Deutscher Industrieller in Frankfurt (Main) vom Geschäftsführer des Verbandes, Henry Axel Bueck, abgegeben worden.