Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 78

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II

Eine nicht geringe Ursache des allgemeinen unbefriedigenden Zustandes der sozialdemokratischen Agitation in den polnischen Landesteilen sind die programmpolitischen Schwankungen der mit der Leitung betrauten Berliner Genossen. Offenbar infolge des Kontakts mit der polnischen Studentenschaft finden sie es für gut, von Zeit zu Zeit der Agitation und der „Gazeta Robotnicza“ einen nationalistischen Anstrich zu geben, was in zweifacher Hinsicht schädlich wirkt. Erstens trägt es eine Verwirrung in die Begriffe der polnischen Genossen über ihre Beziehungen zu der deutschen Bewegung hinein. Zweitens rufen diese nationalistischen Anklänge eine große Erbitterung unter den Genossen in den polnischen Provinzen hervor, da diese ohnehin die nationalistische pfäffische und kleinbürgerliche Demagogie auf Schritt und Tritt zu bekämpfen haben, weshalb sie ihr eine möglichst klare und konsequente Klassenpolitik in dem Parteiblatt entgegengestellt wissen wollen. Dies erklärt u. a., warum die Parteigenossen in den preußisch-polnischen Provinzen so selten und so unwillig einen Agitator aus Berlin einladen und warum sie bei der Verbreitung des einzigen Parteiblattes nicht ihren vollen Eifer entfalten. Fassen wir die Ursachen des jetzigen Zustandes der polnischen Bewegung zusammen, so müssen wir sagen: Der verschwommene und oberflächliche Charakter des Parteiblattes, der Mangel an Flugblättern und Broschüren, die Verworrenheit in der Berliner Agitation, die politischen Schwankungen der leitenden Berliner Gruppe – dies alles trägt mit an dem geschilderten Charakter der vorhandenen polnischen Bewegung und an ihrem Nichtvorhandensein in dem größten Teil der preußisch-polnischen Provinzen die Schuld.

Angesichts der bevorstehenden Konferenz der polnischen Sozialdemokratie entsteht nun die Frage, inwiefern man von derselben zweckentsprechende Maßnahmen zur Förderung der Agitation erwarten kann. Leider lassen sich auf die Konferenz, wie es scheint, keine großen Hoffnungen setzen. Was ihr einen großen Teil der Bedeutung raubt, ist der Umstand, daß sie nicht in Posen, sondern in Berlin stattfindet. Aus Geldmangel wird infolgedessen die Vertretung der eigentlichen polnischen Bewegung sehr gering sein und die Konferenz im Grunde genommen bloß eine Zusammenkunft von Vertretern polnischer in einigen deutschen Städten ansässiger Arbeiter darstellen. Es ist immerhin bezeichnend, daß sogar in den aus der Mitte dieser Genossen gestellten Anträgen die Unzufriedenheit mit der bisherigen Leitung der Agitation klar zutage getreten ist. So wird beantragt, der Parteivorstand solle kein Recht haben, auf eigene Faust im

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