Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 686

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Kartellwirtschaft in Nordamerika

[1]

Leipzig, 6. Februar

Das verflossene Jahr war auch in den Vereinigten Staaten ein Jahr des höchsten industriellen Aufschwungs. Der New-Yorker „Engeneering and Mining Journal“ brachte bereits im Januar Angaben über die Montanindustrie der Vereinigten Staaten für das Jahr 1899, woraus der ungewöhnliche Hochgang der Industrie klar zu ersehen ist.

Die Kohlenproduktion der amerikanischen Union betrug nämlich 1898 149 875 737 Tonnen, 1899 170 410 732 Tonnen.

Zugleich mit der Steigerung der Produktion verzeichnet man seit Ende des Jahres 1898 eine nachhaltige Steigerung der Kohlenpreise, die besonders in den letzten Monaten des verflossenen Jahres sprunghaft wurde. Die Ursache davon ist – neben der steigenden Nachfrage – eine förmliche Revolution auf dem amerikanischen Kohlenmarkt, der plötzlich in den Händen von nur zwei Kartellen zusammengefaßt wurde.

Eines von diesen im Jahre 1899 gebildeten Kartellen umfaßt denjenigen Teil der Kohlengruben, die ihr Erzeugnis auf der Eisenbahn verschicken; es ist dies die Pittsburgh Coal Company mit einem Kapital von 64 Mill. Dollar (256 Mill. Mark), wovon die Hälfte in Prioritätsaktien, die andere Hälfte in gewöhnlichen Aktien angelegt ist. Dieses Kartell hat sich aus der Vereinigung von 104 Kohlengrubengesellschaften gebildet.

Das zweite Kartell beherrscht denjenigen Teil der Gruben, die sich zur Ausfuhr ihres Produkts der Wasserstraßen bedienen. Es heißt die Monongabela River Consolidated Company und verfügt über ein Kapital von 30 Mill. Dollar (120 Mill. Mark), die gleichfalls in Prioritäts-, teils in gewöhnlichen Aktien angelegt sind.

Beide Kartelle fingen an, am 1. Oktober 1899 zu funktionieren, und die

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[1] Dieser Artikel ist mit einem Anker gezeichnet, dem gleichen Zeichen wie die Artikel „Nur ein Menschenleben“ (siehe GW, Bd. 1/1, S. 467–470), „Die ‚Unverschämten‘ an der Arbeit“ und „Nochmals die ‚Unverschämten‘“ (siehe ebenda, S. 626–628 u. 638–641), als deren Verfasserin eindeutig Rosa Luxemburg durch Briefe an Leo Jogiches festgestellt werden konnte.