Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 388

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Fortschritt der Lebenspulsschlag der kapitalistischen Wirtschaft, so bilden offenbar die Kleinkapitale eine unzertrennliche Begleiterscheinung der kapitalistischen Entwicklung, die erst mit ihr zusammen verschwinden kann. Das stufenweise Verschwinden der Mittelbetriebe – im Sinne der absoluten summarischen Statistik, um die es sich für Bernstein handelt – würde bedeuten, nicht, wie Bernstein meint, den revolutionären Entwicklungsgang des Kapitalismus, sondern, gerade umgekehrt, eine Stockung, Einschlummerung des letzteren. „Die Profitrate, d. h. der verhältnismäßige Kapitalzuwachs ist vor allem wichtig für alle neuen, sich selbständig gruppierenden Kapitalableger. Und sobald die Kapitalbildung ausschließlich in die Hände einiger wenigen, fertigen Großkapitale fiele, ... wäre überhaupt das belebende Feuer der Produktion erloschen. Sie würde einschlummern.“[1]

[Die Bernsteinschen Anpassungsmittel erweisen sich somit als unwirksam, und die Erscheinungen, die er als Symptome der Anpassung erklärt, müssen auf ganz andere Ursachen zurückgeführt werden.]

3. Einführung des Sozialismus durch soziale Reformen

Bernstein verwirft die „Zusammenbruchstheorie“ als den historischen Weg zur Verwirklichung der sozialistischen Gesellschaft. Welches ist der Weg, der vom Standpunkte der „Anpassungstheorie des Kapitalismus“ dazu führt? Bernstein hat diese Frage nur andeutungsweise beantwortet, den Versuch, sie ausführlicher im Sinne Bernsteins darzustellen, hat Konrad Schmidt gemacht.[2] Nach ihm wird „der gewerkschaftliche Kampf und der politische Kampf um soziale Reformen“ eine „immer weiter erstreckte gesellschaftliche Kontrolle über die Produktionsbedingungen“ herbeiführen und durch die Gesetzgebung „den Kapitaleigentümer durch Beschränkung seiner Rechte mehr und mehr in die Rolle eines Verwalters herabdrücken“, bis schließlich „dem mürbe gemachten Kapitalisten, der seinen Besitz immer wertloser für ihn selbst werden sieht, die Leitung und Verwaltung des Betriebes abgenommen“ und so endgültig der gesellschaftliche Betrieb eingeführt wird.

Also Gewerkschaften, soziale Reformen und noch, wie Bernstein hinzu-

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[1] K. Marx: Das Kapital, 3. Bd., I, S. 241. <Karl Marx: Das Kapital, Dritter Band. In: Marx/ Engels: Werke, Bd. 25, S. 269.> [Fußnote im Original]

[2] Vorwärts vom 20. Februar 1898, Literarische Rundschau. Wir glauben um so mehr die Ausführungen Konrad Schmidts im Zusammenhang mit denjenigen von Bernstein betrachten zu dürfen, als Bernstein mit keinem Wort die Kommentierung seiner Ansichten im „Vorwärts“ ablehnte. [Fußnote im Original]