Leipzig, 3. April

Ganz im stillen, von der Öffentlichkeit wenig beachtet, ist in der allerletzten Zeit ein Stück tüchtiger Arbeit von unserer Partei auf einem neuen Boden geleistet worden, nämlich in Posen.

Die Provinz Posen gehörte von vornherein zu den Gegenden des Reiches, die der sozialdemokratischen Bewegung nur sehr schwer zugänglich sind. Ganz abgesehen von den polizeilichen und gerichtlichen Schikanen, sind die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen in der Provinz Posen so beschaffen, daß sie der Agitation die größten Schwierigkeiten in den Weg legen.

Von einer Großindustrie ist eigentlich sowohl in der Stadt wie in der Provinz Posen kaum etwas zu finden, im Gegenteil, hier ist gerade die Domäne des Kleingewerbes, das, in Gestalt von Handwerk und Kleinhandel, die ganze soziale und politische Physiognomie der Provinz bestimmt. Diese ist auch durch und durch kleinbürgerlich. Man braucht sich nur die Presse Posens anzusehen, um das tiefe geistige Niveau des ganzen gesellschaftlichen Lebens zu erkennen.

Dazu kommt noch als ein weiteres Hindernis für die sozialdemokratische Agitation der mächtige Einfluß der katholischen Geistlichkeit. Das Polentum und der Katholizismus erscheinen hier fast als identisch und die Pfaffen als die berufenen Führer des politischen Lebens.