Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 689

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notorisch am unmenschlichsten ausgebeutet werden, konnten sie sich überhaupt zu einer Lohnbewegung nicht aufraffen. Schon vor der letzten Konzentration, unter der Herrschaft der noch autonomen Gesellschaften, waren die Arbeiter, wie es vor einigen Jahren ein besonderer parlamentarischer Untersuchungsausschuß nachgewiesen hat, so gedrückt, versklavt und entmenscht, daß das Koalitionsrecht für sie gar nicht mehr existierte. Jetzt tritt ihnen die Kapitalmacht natürlich noch einmal so absolut und brutal entgegen. Streiks werden hier nur dann inszeniert, wenn sie den Kompanien zu ihrer Produktions“politik“ passen und von ihnen absichtlich provoziert werden – um natürlich mit einer im voraus berechneten furchtbaren Niederlage der Arbeiter zu enden.

In den anderen Staaten, Arkansas, Kansas und in dem Indianergebiet, wurden einige Streiks 1899 unternommen, zu dem Zwecke, die Arbeiter an der hohen Konjunktur teilnehmen zu lassen. Sie wurden aber durch Militär erdrückt, im Blute der Streikenden erstickt, und die Arbeiter kehrten ins alte Elend zurück.

Die Regierung aber „verfolgt“ die Kartelle unermüdlich, das heißt durch gesetzliche Existenzverbote – auf dem Papier. Den einzigen Weg zu betreten, auf dem sie den Kartellen ihren Lebensnerv durchschneiden könnte: die Schutzzollpolitik abzuschaffen; dazu rafft sich die Regierung der Vereinigten Staaten nicht auf. Freilich bedarf es hierzu einer allgemeinen internationalen Bewegung der Staaten zur Durchbrechung der Schutzzollmauern, die dem arbeitenden Volke überall Licht und Luft benehmen.

Der Kurs, dem Deutschland vor allem zusteuert, ist aber ein gerade entgegengesetzter. Unsere Agrarier sind die festeste Stütze der amerikanischen Kartellwirtschaft, die treuesten Bundesgenossen der pennsylvanischen Kohlen- und Eisenmagnaten, unter deren Joche Hunderttausende von Proletariern zugrunde gehen.

Leipziger Volkszeitung,

Nr. 30 vom 6. Februar 1900.

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