Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 732

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schaftlichen Wirtschaft zum wissenschaftlichen Dogma, zur ökonomischen Methode.

Suum cuique:[1] Der Aufschwung der englischen Bourgeoisie hat sich in der Errichtung des großartigen Lehrgebäudes der klassischen Schule, in der Schöpfung der politischen Ökonomie widergespiegelt, das Aufkommen der deutschen Bourgeoisie hat seinen geistigen Ausdruck in der Selbstzersetzung und der Abdankung der Ökonomie als Wissenschaft gefunden.

Die Prinzipienlosigkeit der historischen Schule, die ihr Dr. Schüller mit Recht vorwirft, ohne sie jedoch irgendwie plausibel zu erklären, findet also in den tatsächlichen historischen Verhältnissen Deutschlands, in der Geschichte der Bourgeoisie, in den immer greller zutage tretenden Klassengegensätzen genügenden Grund. Und ebenso läßt sich die Tatsache, weshalb die Schule Roschers trotz all ihrer wissenschaftlichen Jämmerlichkeit und praktischen Unfruchtbarkeit zu einem so ausgebreiteten Einfluß gelangen konnte, aus denselben tatsächlichen Verhältnissen viel besser erklären als durch den Umstand, daß „den wirtschaftlichen und sozialen Fragen der Gegenwart entsprechende prinzipielle Richtungen erst in der Entwicklung begriffen sind“.

Gerade umgekehrt! Nicht weil die sozialistische Lehre der Nationalökonomie – denn dies ist offenbar die den sozialen Fragen der Gegenwart entsprechende prinzipielle Richtung –, nicht weil die sozialistische Lehre noch nicht aufgekommen war, sondern weil sie bereits eine hohe Entwicklung erreicht hatte, d. h. als eine Reaktion gegen diese Lehre, ist die historische Schule entstanden.

Weil er die Frage ohne Zusammenhang mit der sozialen Grundlage behandelt, begeht also Dr. Schüller den doppelten Irrtum, einmal die alte historische Richtung der ersten Dezennien des Jahrhunderts mit der wesentlich von ihr verschiedenen Lehre Roschers als ein und dieselbe Schule zu betrachten und ferner diese letztere als ein Resultat des Fehlens einer sozialistischen Richtung statt umgekehrt als Reaktion gegen die sozialistische Kritik hinzustellen.

Die Studie Dr. Schüllers will mehr als eine wissenschaftliche Monographie sein. Sie klingt, wie wir bereits erwähnten, in den Mahnruf aus, die jetzige Generation der deutschen Volkswirte möge zu den Methoden der klassischen Ökonomie zurückkehren, will sie anders den Problemen des gegenwärtigen sozialen Lebens mit demselben Verständnis gegenüberstehen, wie es die Klassiker ihren Zeitproblemen entgegenbrachten.

Dieser wohlgemeinte Appell: Zurück zur klassischen Methode!, der offenbar den leitenden Gedanken der beiden ökonomischen Arbeiten

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[1] Jedem das Seine.