Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 706

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Merkwürdigerweise sind diese Anfänge in den meisten Fällen durch Veruntreuungen der Kassierer zugrunde gerichtet worden. Andererseits existieren auch noch jetzt schwache Spuren der organisatorischen Tätigkeit der katholischen Geistlichkeit, so z. B. der Verein christlicher Maurer. Diese konfessionellen Gewerkvereine führen aber ein ganz nichtiges Dasein und spielen eigentlich gar keine Rolle, was schon dadurch erklärlich erscheint, daß sie sich z. B. gegen jede Besprechung der Verkürzung der Arbeitszeit ablehnend verhalten.

Erst seitdem man 1898 in Posen eine Vertretung der Generalkommission der deutschen Gewerkschaften geschaffen hat und die Agitation systematisch betrieben wird, auch infolge der in der letzten Zeit eingetretenen Teuerung ist eine allgemeine lebhafte Bewegung in der Arbeitermasse, ein Drang zur. Organisation entstanden, wie sie in Posen noch nicht dagewesen sind. Zu Anfang dieses Jahres zählte man in Posen 600 bis 700 organisierte Arbeiter, heute sind es mindestens tausend, wovon wenigstens 4/5 rein polnisches Element.

Die Bewegung erfaßt fast jeden Tag neue Kreise. Gegenwärtig befinden sich Schneider, Schuhmacher und Metallarbeiter im Stadium der Organisierung. Sie halten fast jede Woche öffentliche Versammlungen ab und schließen sich massenhaft den Verbänden an – Polen wie Deutsche, Männer wie Frauen.

Es stellt sich dabei heraus, daß der handwerksmäßige Charakter der Arbeiterschaft, wenn er einerseits ein großes Hindernis für die Aufklärung im Sinne der modernen Klassenbewegung ist, so andererseits ein gewisser Vorteil, der die Organisierung erleichtert. Gegenüber der gleichfalls polnischen Masse der Bergarbeiter in Oberschlesien zum Beispiel haben die Posener Arbeiter nicht nur eine weit größere, gerade mit ihrem kleinbürgerlichen Dasein verbundene Intelligenz, sondern auch eine viel größere persönliche Unabhängigkeit voraus. Für den Hausindustriellen oder in kleinen Werkstätten arbeitenden Handwerker Posens ist der Eintritt in den Verband nicht entfernt eine Frage der Existenz, wie er es für den gänzlich der Obermacht des Großkapitals überantworteten oberschlesischen Bergarbeiter ist.

Endlich erfreuen sich die Gewerkschaften in Posen vorläufig noch einer gewissen Unterstützung der kleinbürgerlichen Presse. Es hat sich hier bekanntlich in der letzten Zeit eine Art „Volkspartei“ mit stark nationalklerikal-antisemitischem Charakter gebildet, die ein Gegenstück des polnischen demokratischen Zentrums in Oberschlesien ist. Die beiden Hauptorgane dieser Partei, der „Orẹdownik“ (Wortführer) und „Postep“ (Fort-

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