Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 595

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beschäftigt, so ist ihr gegenwärtiges Verhältnis gleich 1 zu 3, das heißt, auf drei Maurer kommt erst ein Zimmerer. Auf der anderen Seite wird ihre Arbeit direkt durch die Maschine ersetzt, so das Fußbodenhobeln, das Balken- und Sparrenschneiden, das gerade in der arbeitslosen Winterzeit eine Unterstützung für den Zimmerer bildete.[1]

Wie in den genannten Gewerken, so kommt in den meisten anderen die technische Entwicklung in der Vereinfachung der Arbeit zum Ausdruck, die ihrerseits einen Druck auf die Löhne durch ungelernte Arbeiter erzeugt.

Im Bäckergewerbe hat die Lehrlingszüchterei in Hamburg zu unerhört niedrigen Löhnen (bei 105stündiger Arbeit in der Woche!) und dazu geführt, daß zum Beispiel 1886 250 Gesellen gleichzeitig arbeitslos waren.[2]

In Beantwortung der Lohnforderungen der Brauer wurden an Stelle der gelernten massenhaft Hilfsarbeiter mit bedeutend geringeren Löhnen angestellt.[3]

In derselben Weise, durch Anlernung von unqualifizierten Arbeitern, werden die Maler und Lackierer verdrängt und ihre Löhne reduziert.[4]

Über den Lohndruck durch die Lehrlingszüchterei klagten gleichfalls schon Ende der 80er Jahre die Schneider.[5] Dasselbe in der Zigarrenfabrikation.[6]

Eine andere Erscheinung der nämlichen Tendenz in der technischen Entwicklung der Produktion ist die Frauenarbeit. Nur ein krasses Beispiel davon: Als die Hamburger Korbmacher, durch äußerstes Elend getrieben (6 bis 12 M Wochenlohn!), 1886 bei einem der größten Unternehmer in den Lohnkampf traten, da wurde der Streik prompt erledigt – durch Besetzung aller Arbeitsplätze mit billiger arbeitenden Frauen![7]

Noch verhängnisvoller wirkt in vielen Gewerben in letzter Zeit eine neue Form der kapitalistischen Ausbeutung – die Gefängnis- und Zuchthausarbeit. Das soeben erwähnte Korbmachergewerbe hat sie binnen weniger Jahre einfach auf den Aussterbeetat gesetzt. Die Zahl der in deutschen Gefängnissen mit Korbmacherei Beschäftigten betrug 1884/1885 etwa 2 000 [8]Für die Zigarrenarbeiter wirken die Zuchthäuser mit ihrer Konkurrenz als gefährliche Lohndrücker.

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[1] l. c., S. 458. [Fußnote im Original]

[2] l. c., S. 150. [Fußnote im Original]

[3] l. c., S. 162. [Fußnote im Original]

[4] l. c., S. 261. [Fußnote im Original]

[5] l. c., S. 364. [Fußnote im Original]

[6] l. c., S. 415. [Fußnote im Original]

[7] l. c., S. 219. [Fußnote im Original]

[8] l. c., S. 217. [Fußnote im Original]