Noch falscher ist die Auffassung jener Richtung in bezug auf die Genossenschaften. Ich will hier nur einige Bemerkungen äußern. Es ist Mode geworden, die Genossenschaften auf eine Linie mit den Gewerkschaften, ja mit dem politischen Kampf zu stellen. Nein, die Genossenschaften stehen auf einem ganz anderen Blatt. Wenn wir auch gänzlich von ihrer positiven Bedeutung, ihrer Tragweite für die Arbeiterklasse absehen, eins steht fest: Die Genossenschaften sind kein Klassenkampf. („Sehr richtig!“)
Zweitens: Diejenigen, die sich einbilden, die Genossenschaften seien heute schon ein Keim der sozialistischen Ordnung, sie vergessen noch einen wichtigen Faktor in den heutigen Verhältnissen, die Reservearmee. Selbst wenn wir voraussetzen, daß die Genossenschaften allmählich alle kapitalistischen Unternehmen verdrängen und sich an ihre Stelle setzen, so können wir unmöglich die phantastische Annahme haben, daß bei Beibehaltung der heutigen Marktverhältnisse ohne einen allgemeinen Plan die Produktionsverhältnisse der Nachfrage auf dem Markte angepaßt werden könnten; die Frage der Reservearmee würde nach wie vor offenbleiben.
Und noch eins. Ich weiß nicht, welche Genossenschaften man sich als Ideal vorstellte, als abstraktes Schema. Ich weiß nur, daß die englischen Genossenschaften, die bis jetzt als Muster der genossenschaftlichen Bewegung aufmarschieren, in ihrem produktiven Teil durchaus nicht das sozialistische Ideal darstellen. (Zuruf: „Unser Muster sind die belgischen!“) Auf dem Trade-Unions-Kongreß[1] beantragte eine Schneidergewerkschaft, das parlamentarische Komitee der Gewerkschaften möchte sich ins Einvernehmen mit den Korporationen setzen, um die Genossenschaften zur Beobachtung der vom parlamentarischen Komitee aufgestellten Lohn- und Arbeitsbedingungen anzuhalten; also die kapitalistische Ausbeutung ist durchaus nicht beseitigt.
Im Zusammenhang mit dieser wirtschaftlichen Auffassung steht die Theorie der Bernsteinschen Richtung über die allgemeine Sozialisierung der kapitalistischen Gesellschaft. Es erübrigt sich tatsächlich nach der Rede Davids jede ausführliche Widerlegung dieses Gedankens. Denn er hat ja unter anderem auch die Tarifgemeinschaft als eine teilweise Sozialisierung des Kapitalismus angeführt. Jene Genossen stellen sich offenbar die Sache so dar: Die ganze praktische Politik bleibt so wie bis jetzt, nur vielleicht unter größerer Berücksichtigung der Genossenschaften, und dann macht man es sich sehr bequem: Man klebt darauf die Etikette Sozialis-