Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 549

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-1-1/seite/549

später den Zeitpunkt herbeiführen, wo der Kapitalismus einfach an seinen eigenen Absatzverhältnissen scheitert, wo er eine gesellschaftliche Unmöglichkeit, die sozialistische Umwälzung im gleichen Maße eine Notwendigkeit wird.

Dieser Zustand braucht nicht notwendig in einer endgültigen, allgemeinen Weltkrise, er kann nach und nach für einen Produktionszweig nach dem anderen eintreten.

In der Textilindustrie ist heute bereits in ihren alten Sitzen die Zeit chronischer Überproduktion gekommen. Wohl erweitert sich immer noch der Markt, aber viel rascher nimmt die Zahl der auswärtigen Konkurrenten zu. So ist denn in England seine mächtige Textilindustrie bereits in eine Periode der Stagnation eingetreten.

Besser steht es noch um die Eisenindustrie, der der Eisenbahnbau in den barbarischen und halbzivilisierten Ländern und die militaristischen Rüstungen immer noch frisches Blut zuführen. Aber dieselbe Vervollkommnung der Kommunikation mit rückständigen Ländern führt auf der anderen Seite einen wachsenden Import von Rohprodukten aus ihnen nach den alten kapitalistischen Gebieten mit sich und erzeugt dort den Zustand chronischer Überproduktion in der Landwirtschaft und ihren Industrien, der Spiritus- und Zuckerproduktion.

Aber auch der Aufschwung der Eisenindustrie (inklusive der Maschinenproduktion), die heute die führende Industrie ist und auf der in erster Linie die gegenwärtige Periode der Prosperität beruht, muß einmal ein Ende nehmen, nicht nur ein zeitweiliges, in 'einer vorübergehenden Krise, sondern er muß schließlich in chronische Überproduktion und Stagnation auslaufen, immer vorausgesetzt, daß die kapitalistische Produktionsweise sich ungestört weiterentwickelt, denn die Eisenindustrie gräbt sich selbst ihr Grab durch die Einbürgerung der Maschine im Ausland. Erzeugt sie zuerst vorwiegend Konkurrenten für die einheimische Textilindustrie und Landwirtschaft, so früher oder später auch die eigenen Konkurrenten, die nicht nur die Bedürfnisse ihres Landes selbst befriedigen, sondern auch einen stets wachsenden Überschuß für den Weltmarkt produzieren. Fast scheint es, als wäre auch in der Eisenindustrie England an der Grenze der Ausdehnungsfähigkeit gegenüber Deutschland und vor allem den Vereinigten Staaten angekommen. Ist aber einmal die Eisenindustrie der Länder der Großindustrie dort, wo heute Textilindustrie und Landwirtschaft Englands sind, dann hat die Expansionsfähigkeit der kapitalistischen Produktionsweise ein Ende und damit auch ihre Lebensfähigkeit. Das braucht aber nicht allzulange zu währen, wenn man sich erinnert, wie rasch die

Nächste Seite »