Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 384

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an die Marktschranken erzeugen konnte, wie es im Marxschen Schema aufgezeichnet ist, da er damals in den meisten Ländern erst in den Windeln lag.] In der Tat, die Krise von 1825 war ein Resultat der großen Anlagen bei Straßenbauten, Kanälen und Gaswerken, die in dem vorhergehenden Jahrzehnt vorzüglich in England, wie auch die Krise selbst, stattgefunden haben. Die folgende Krise 1836 bis 1839 war gleichfalls ein Ergebnis kolossaler Gründungen bei der Anlage neuer Transportmittel. Die Krise von 1847 ist bekanntlich durch die fieberhaften englischen Eisenbahngründungen heraufbeschworen worden (1844-1847, d. h. in drei Jahren allein wurden vom Parlament neue Eisenbahnen für etwa 11/2 Milliarden Taler konzessioniert!). In allen drei Fällen sind es also verschiedene Formen der Neukonstituierung der sozialen Wirtschaft[1], der Grundlegung neuer Fundamente unter die kapitalistische Entwicklung, die die Krisen im Gefolge hatten. Im Jahre 1857 ist es die plötzliche Eröffnung neuer Absatzmärkte für die europäische Industrie in Amerika und Australien infolge der Entdeckung von Goldminen, in Frankreich speziell die Eisenbahngründungen, in denen es in Englands Fußstapfen trat (1852-1856 wurden für 11/4 Milliarden Franc neue Eisenbahnen in Frankreich gegründet). Endlich die große Krise von 1873[2] ist bekanntlich eine direkte Folge der Neukonstituierung, des ersten Sturmlaufs der Großindustrie in Deutschland und in Österreich, die den politischen Ereignissen von 1866[3] und 1871[4] folgte.

Es war also jedesmal die plötzliche Erweiterung des Gebiets der kapitalistischen Wirtschaft und nicht die Einengung ihres Spielraums, nicht ihre Erschöpfung, die bisher den Anlaß zu Handelskrisen gab. Die zehnjährige Periodizität der bisherigen internationalen Krisen erscheint somit als eine[5] rein äußerliche, zufällige Erscheinung. Das Marxsche Schema der Krisen-

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[1] 2. Auflage: der Wirtschaft des Kapitals.

[2] Der sogenannte Gründerkrach von 1873 leitete in Deutschland die bis dahin schwerste zyklische Überproduktionskrise des 19. Jahrhunderts ein, die die Folge einer disproportionalen Entwicklung zugunsten der Schwer- und Rüstungsindustrie im stürmischen wirtschaftlichen Aufschwung nach der Reichseinigung von 1871 war.

[3] Die Niederlage Österreichs gegen Preußen im Krieg vom 15. Juni bis 23. August 1866 um die Vorherrschaft in Deutschland stellte eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Reichseinigung von oben durch das reaktionäre Preußen dar. Das Ergebnis des Krieges war die Gründung des Norddeutschen Bundes

[4] Am 18. Januar 1871 wurde in Versailles das deutsche Kaiserreich proklamiert und die Einigung Deutschlands unter preußischer Hegemonie von oben abgeschlossen. Der König von Preußen, Wilhelm I., wurde deutscher Kaiser. Der neuentstandene Nationalstaat wurde von den auf einen reaktionären und aggressiven Kurs drängenden Vertretern des Junkertums und der Großbourgeoisie beherrscht.

[5] 2. Auflage: Daß jene internationalen Krisen sich gerade alle 10 Jahre wiederholten, ist an sich eine.