Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 358

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zufallen soll.“ (S. 450.) Ein bürgerlicher Professor der Nationalökonomie ist natürlich nicht verpflichtet, zu wissen, daß niemand schärfer und unbarmherziger die Ableitung des sog. Rechtes des Arbeiters auf vollen Arbeitsertrag direkt aus der Arbeitswerttheorie vernichtet hat als gerade Marx. Selbstverständlich hat er vor der Arbeitswerttheorie denselben Abscheu wie seine deutschen, österreichischen, amerikanischen Kollegen auf dem Katheder: Die Arbeit darf ja nicht als einziger Wertbildner anerkannt werden, denn da könnten ja nach diesen Herren die Arbeiter daraus ganz gefährliche Ansprüche folgern; den Wert einer Ware bildet – das Bedürfnis, die Lust aus dem Gebrauch, der Schmerz bei dem Verzicht auf die Ware, mit einem Worte, derselbe alte Wortschwall, den gelehrt auszuputzen zu einer ganzen „subjektiven Werttheorie“ den Professoren deutscher Zunge – in Österreich – vorbehalten war. „Hier“, sagt Rambaud, „haben die österreichische Schule und die feinen Analysen von Jevons und Karl Menger einen reellen Dienst geleistet, indem sie der Theorie von Karl Marx eine andere, ebenso metaphysische und verwickelte, aber viel wichtigere und von gefährlichen Konsequenzen ganz freie Theorie entgegenstellten.“ (S. 450.) Ebenso kurz und bündig wird der andere Grundstein der Marxschen Theorie – die Lehre vom Mehrwert – kritisiert. Der Mehrwert (Rambaud schreibt in Klammern zur näheren Erläuterung buchstäblich deutsch „Mehrwert oder Plusmacherei“!!) ist nicht unbezahlte Arbeit des Lohnarbeiters, wie Marx behauptet, denn viele Unternehmer bankerottieren ja, trotzdem sie angeblich den Mehrwert einstreichen. Nach diesem vernichtenden Hinweis meint der Professor die ganze Marxsche Lehre zu Boden geschlagen zu haben.

Endlich vernichtet er ebenso leicht und gründlich die allgemeine Marxsche Theorie von der Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft zur sozialistischen, wie es ja von einem bürgerlichen Professor gar nicht anders zu erwarten ist, da er ja extra dafür sein Gehalt von der Regierung bekommt, um seinen Schülern die Unerschütterlichkeit und Vollkommenheit der bestehenden Ordnung nachzuweisen.

Es könnte auch als ein ganz müßiges und abgeschmacktes Unternehmen erscheinen, die Leser eines sozialdemokratischen Blattes mit alten, abgestandenen, verschlissenen, verschimmelten, tausendmal wiedergekäuten Plattheiten eines bürgerlichen Professors der Ökonomie zu traktieren. Allein durch die letzten Vorgänge in der Partei haben wir das Recht eingebüßt, mit hochmütiger Verachtung an bürgerlichem Unsinn in den gesellschaftlichen Fragen vorbeizugehen. Liest man nämlich z. B. die Blätter, worin der Professor der politischen Ökonomie an der katholischen Fakul-

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