Freilich erwächst aus denselben Verhältnissen zwischen der polnischen und der russischen Bourgeoisie ebensoviel Feindseligkeit, Konkurrenz und Rivalität. Gerade die industrielle Arbeitsteilung, die gemeinsame Zollgrenze und das gemeinsame Absatzgebiet machen auf der andern Seite die verschiedensten Gruppen der Bourgeoisie zu Gegnern, und jeder partiellen Interessensolidarität entspricht ein Interessengegensatz. Wie uns die Beispiele gezeigt haben, tritt der Grundbesitz gegen die Industrie, die Fabrikation gegen die Halbfabrikation, die letztere gegen die Rohproduktion, die Produktion gegen den Transport und innerhalb jeder dieser Gruppen ein Rayon gegen den andern und jeder einzelne Kapitalist gegen alle andern auf. Was wir aber hier erblicken, ist ein typisches Bild der kapitalistischen Wirtschaft, wie sie in allen Ländern ihre Blüten treibt. Es ist das Grundgesetz dieser Produktionsform: bellum omnium contra omnes, welches hier zum Ausdruck kommt und welches mit den nationalen Gegensätzen und Grenzen nichts zu tun hat, ja im Gegenteil, diese Gegensätze und Grenzen innerhalb der Kapitalistenklasse unaufhörlich verwischt. Allerdings, fällt der ökonomische Interessengegensatz im Rahmen eines und desselben Staates mit nationalen Grenzen zusammen, so schafft er seinerseits u. U. eine breite Basis für die nationalen Bestrebungen. Dies kann jedoch nur insofern der Fall sein, als die feindlichen Nationalitäten zugleich verschiedene, ihrer Natur nach antagonistische Produktionsformen vertreten, wenn also z. B. das eine Land den Kleinbetrieb, das andere die Großindustrie, das eine die Natural-, das andere die Geldwirtschaft repräsentiert. Im gegebenen Falle liegen jedoch die Verhältnisse ganz anders, da Polen und Rußland eine gemeinsame Entwicklung von der Natural- zur Geldwirtschaft und vom Klein- zum Großbetrieb durchgemacht haben. Ihre Gegnerschaft, wo und wann sie zutage tritt, entspringt nicht der Verschiedenheit, sondern gerade der Homogenität der ökonomischen Struktur und weist die Merkmale aller kapitalistischen Konkurrenzkämpfe innerhalb eines und desselben wirtschaftlichen Mechanismus auf.
Der Konkurrenzstreit Łódź-Moskau ist nichts als ein Fragment dieses allgemeinen Krieges. Aufgebauscht äußerlich zum nationalen Zweikampf Polens mit Rußland auf ökonomischem Felde, reduziert sich dieser Streit im Grunde genommen auf eine Auseinandersetzung der Łódźer Barchentbarone mit den Moskauer Kattunkönigen. Nach dem internationalen Brauch suchten die beiden kapitalistischen Parteien erstens ihr trivial-baumwollenes Streitobjekt mit einem ideologischen nationalen Schleier zu umhüllen und zweitens so laut die Trommel zu schlagen, als wenn es sich schon um den Hals handelte.