presse blieben. Jetzt kann man wenigstens das Ziel erkennen, zu dem alle diese scheinbar unbedeutenden Symptome bewußt oder unbewußt führten, ebenso wie den inneren Prozeß vermuten, zu dem sich diese verschiedenen, äußerlich ohne Zusammenhang vorgenommenen Schritte zusammenketten.
Angesichts dieses von einem Teile der polnischen Sozialisten durchgemachten Mauserungsprozesses gewinnt die polnische Frage für die sozialistische Bewegung ein ganz neues Interesse und muß von einem ganz neuen Standpunkt betrachtet werden. Hier kommen nämlich die alten Sympathien der sozialistischen Welt für die Unabhängigkeit Polens gar nicht in Betracht. In jenem Falle war sie nur ein Postulat der auswärtigen Politik des Proletariats, nun soll sie zum Programm der inneren Politik, des alltäglichen Kampfes eines Teiles des Proletariats werden und somit einen rein praktischen Charakter annehmen. Bis jetzt wurde die entscheidende Rolle in der Lösung der polnischen Frage der europäischen Diplomatie zugewiesen – das Proletariat seinerseits konnte vorläufig nicht viel mehr tun, als dieser erhofften Lösung seine Sympathie entgegenbringen. Nun soll die polnische Unabhängigkeit von dem polnischen Proletariat selbst, von seinem Klassenkampf verwirklicht werden; und es handelt sich hier wohlgemerkt nicht etwa um die Befreiung der Polen als einer Nation durch den endgültigen Sieg des Proletariats, durch die alles befreiende sozialistische Umwälzung, sondern um die staatliche Unabhängigkeit der Polen im Rahmen der bestehenden Ordnung, also um einen unabhängigen polnischen kapitalistischen Klassenstaat. Diesen Klassenstaat soll sich das polnische Proletariat zur nächsten politischen Aufgabe seines Klassenkampfes stellen, ganz wie das österreichische die Erringung des allgemeinen Wahlrechts, wie das belgische die Abschaffung des vote plural und dergleichen. In diesem Falle sind es nicht mehr Sympathien, sondern Interessen, Klasseninteressen einerseits und die positive Möglichkeit, d. h. materielle Kräfte zur Lösung der Aufgabe, andererseits, die allein maßgebend sind.
Somit ist auch eine ganz neue Begründung dieser Aufgabe erforderlich. An Polen war ein ungeheures völkerrechtliches Verbrechen vollzogen worden, andererseits war vor dem Rußland Nikolaus’ I. irgendeine Schutzmauer notwendig. Dies genügte, um das internationale Proletariat zur Aufnahme der polnischen Losung in sein auswärtiges Programm zu bewegen. Aber zur Aufnahme derselben Losung in das unmittelbare praktische Programm des polnischen Proletariats genügen diese Gründe nicht mehr. Hier treten alle diejenigen Gesichtspunkte in ihr Recht, welche auch für alle anderen Forderungen der sozialdemokratischen Programme maß-