Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 19

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gebend sind. Also vor allem der Zusammenhang dieser Forderung mit der objektiven ökonomisch-politischen Entwicklung der polnischen Länder und den materiellen Mitteln, die dem Proletariat von dieser Entwicklung selbst zur Lösung seiner Aufgabe zur Verfügung gestellt werden sollen. Diese Gesichtspunkte sind es, die einzig und allein bestimmen können, ob denn die Wiederherstellung Polens wirklich ein Klasseninteresse des polnischen Proletariats bildet und ob es dieselbe zu verwirklichen auch imstande ist. Auf die Begründung der neuen Richtung, wie sie vielfach in der polnischen Presse und auch im Bulletin, Nr. 1, in der französischen Sprache gegeben wird, können wir hier nicht näher eingehen. Es mag genügen, nur ganz allgemein zu bemerken, daß sie auf rein utopischem Boden steht und mit der Denkweise der Sozialdemokratie nicht das mindeste gemein hat. Denn für Russisch-Polen fußt diese Begründung auf einem Vergleich zweier nicht existierender Verfassungen – der eventuellen Verfassung des unabhängigen Polens und der künftigen russischen Verfassung, wobei die Priorität der ersteren zugesprochen wird. Für Galizien und Preußisch-Polen wird aber die Notwendigkeit der Wiederherstellung Polens im Interesse des Proletariats damit begründet, daß diese beiden Länder angeblich von deutschen Kapitalien überschwemmt werden, was die durch diese fremden Kapitalien ausgebeuteten polnischen Arbeiter der Gefahr aussetzt, „den Hang zu einer nichtproletarischen Politik der reinen nationalistischen Opposition zu bekommen“[1]; diese Gefahr des Nationalismus soll durch die Annahme des politischen Programms der Nationalisten beseitigt werden. Im ersten Falle ist es also eine Prophezeiung, im zweiten eine Befürchtung, die das ganze Programm begründen sollen. Solche nicht aus der wirklichen sozialen Entwicklung, sondern einfach aus der Luft gegriffenen und dem polnischen Proletariat angedichteten „Klasseninteressen“ stellen natürlich eine ganz künstliche Konstruktion dar und lassen das im Wesen nationalistische Programm nur mit knapper Not als ein sozialistisches Arbeiterprogramm erscheinen.

Wenn wir aber auf die Begründung des Programms nicht eingehen, so wollen wir jedoch die beiden praktisch wichtigsten Seiten der Frage – die Realisierbarkeit des Programms ebenso wie die eventuellen praktischen Folgen der Annahme desselben seitens der polnischen Sozialisten in ihrer Agitation – etwas näher untersuchen.

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[1] Bulletin off., Nr. 1, S. 3. [Fußnote im Original]