Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 17

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derorganisation das Erfurter Programm beibehielten. Auf ihrem zweiten Parteitag (Weihnachten 1894 zu Breslau) haben sie denn auch die vom konstituierenden Parteitag beschlossene Programmrevision aufgegeben und somit den Status quo ante beibehalten.

Erst in der allerletzten Zeit wird in Polen eine Tendenz immer lauter, das alte „patriotische“ Programm mit der sozialistischen Bewegung unmittelbar zu verbinden. Diese Richtung, die am genauesten die sozialpatriotische genannt werden kann, hat sich zum ersten Male im Jahre 1893 in der Form eines diesbezüglichen Programmprojekts (in der polnischen Zeitschrift „Przedświt“, herausgegeben in London, 1893, Mainummer) vernehmen lassen. Im Juli 1895 erschien aber in London ein in französischer Sprache verfaßtes Blättchen „Bulletin officiel du parti socialiste polonais“, worin schon entschieden erklärt wird, die galizischen und deutsch-polnischen Parteien streben die Wiederherstellung Polens an. Und eben durch diesen Umstand, d. h. durch die vollständige Programmverschiedenheit mit der deutschen und österreichischen Sozialdemokratie, erklärt nun nachträglich das Bulletin die Handlungsweise der galizischen und deutsch-polnischen Sozialisten in den letzten Jahren: die Vorbehalte der ersteren auf dem Wiener Parteitag von 1892, die Sonderorganisation der letzteren etc.

Es unterliegt nun keinem Zweifel, daß die kategorischen Behauptungen und Erklärungen des Bulletins den Tatsachen – wenigstens in formaler Hinsicht – nicht entsprechen, da ja die genannten Parteien nie etwas über die Annahme eines ganz neuen Programms haben verlauten lassen noch auch diesen Gegenstand auf ihren Kongressen – der einzigen in solchen Fällen kompetenten Instanz – debattiert haben. Die hier und da gefallenen Äußerungen, die in mehr oder minder unbestimmter Weise Sympathien für die Wiederherstellung Polens durchblicken lassen, können offenbar nicht in Betracht kommen, wo es sich um die Annahme eines neuen Parteiprogramms handelt.

Andererseits ist es aber ebenso unzweifelhaft, daß gegenwärtig innerhalb der polnischen sozialistischen Bewegung in Österreich und Deutschland Tendenzen vorhanden sind, die, vorläufig im stillen arbeitend, unter Umständen eine entscheidende Wendung in den Programmen der betreffenden Parteien herbeiführen können. Eben die jetzt im Londoner Bulletin offen ausgesprochenen sozialpatriotischen Tendenzen werfen ein ganz neues Licht auf die früheren Symptome in der polnischen Bewegung, wie die polnische Sonderorganisation in Deutschland, die Vorbehalte der galizischen Sozialisten und dergleichen, die, seinerzeit durch ganz untergeordnete praktische Rücksichten motiviert, so unbeachtet in der Partei-

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