Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 156

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niedrigere Steuern zu entrichten, da letztere im Zentralrayon 3600 Rubel pro 1 Million Rubel Produktionswert, in Łódź dagegen 1400 Rubel, in kleinen polnischen Städten aber nur 109 Rubel betragen.[1]

Scharapow ruft die Regierung zum Kampf gegen die „deutsche“ Industrie Polens und zur Rettung des von ihr unterdrückten russischen und polnischen Elements auf (!).

Im nächsten Jahre, 1886, ordneten die Moskauer Unternehmer schon eine Deputation nach St. Petersburg ab mit der „untertänigsten“ Bitte, zwischen Polen und Rußland wieder eine Zollinie zu errichten.[2]

Die so angegangene Regierung setzte im gleichen Jahre 1886 eine Kommission, bestehend aus Professor Janshul Iljin und Langowoi, ein, welche die Aufgabe hatte, die Produktionsbedingungen des polnischen Industrierayons zu untersuchen und die Behauptungen der Moskauer Fabrikanten auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen.[3] Das Resultat dieser ernster und gründlicher als alle anderen geführten Untersuchung war folgendes.

Auf der Seite der polnischen Industrie sehen wir billigeres Heizmaterial, kleineres fixes Kapital, niedrigere Besteuerung, besseres Arbeiterkontingent und günstigere räumliche Konzentration der Unternehmungen an einigen wenigen Punkten. Auf der Seite der russischen Industrie dagegen billigere Arbeitskraft, kleinere Transportkosten zu den Hauptabsatzmärkten (Kaukasus, Wolgagegend, Asien), kleinere Ausgaben für die Arbeiterschaft (Spitäler, Schulen etc.), Profite von den Fabrikläden, endlich Überfluß an Wasser zum Betriebe der Baumwollwebereien und -spinnereien.[4] Zum Schluß äußert sich die Kommission gegen die Einführung einer Zollinie zwischen Polen und Rußland, desgleichen gegen einen wider Polen gerichteten differentiellen Zoll für Rohbaumwolle, erstens weil die Regierung es „kaum für möglich halten würde, Polen in handelsindustrieller Beziehung als einen fremden Staat zu behandeln“, und zweitens weil ein hoher differentieller Zoll „in den Augen der Einwohner Polens, russischer Untertanen, als eine Ungerechtigkeit gegen sie erscheinen und zweifellos große Unzufriedenheit hervorrufen würde“. Als die einzig gerechte Maßnahme erachte die Kommission eine Erhöhung der bisherigen Besteuerung der polnischen Industrie bis zur Ausgleichung derselben mit der russischen.[5]

1887 reichten die Moskauer Unternehmer dem Finanzminister auf dem

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[1] Scharapow: Gesammelte Schriften, Buch I, S. 70–94. [Fußnote im Original]

[2] A. S.: Moskau und I. Łódź, S. 22. [Fußnote im Original]

[3] Berichte der Kommission zur Untersuchung …, Einleitung, S. I u. 2. [Fußnote im Original]

[4] l. c., I, S. 101, u. II, S. 101–107. [Fußnote im Original]

[5] l. c., I, S. 102, 103 u. 104. [Fußnote im Original]