Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 139

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1879 von Allart Rousseau Fils gegründet und ist heute noch eine Filiale dieser Firma in Roubaix, woher sie auch ihre Halbfabrikate bezieht.[1] Seit den achtziger Jahren wurde Polen zur Bezugsquelle von Spinngarn für Rußland, und seine Produktion in diesem Zweig übertrifft die russische um mehr als 217%, in Polen betrug sie 1890 18 749 000 Rubel, in Rußland 5 909 000 Rubel. In der allerletzten Zeit hat die Zollpolitik zwei andere Branchen der Textilindustrie in Łódź – den Strumpf- und Trikotwirkereien – zur Blüte verholfen.[2]

Noch interessantere Belege für die Wirkung der russischen Zollpolitik auf die polnische Industrie bietet die Geschichte des zweiten Rayons – des Sosnowiecer.

Dieser umfaßt den südwestlichen, dicht an der preußischen Grenze gelegenen Teil des Gouvernements Piotrków mit den Städten Częstochowa, Będzin, Zawiercie, Sielce und Sosnowiec. Während der Łódźer Rayon seine industrielle Entwicklung schon in den zwanziger Jahren begann, stellt die Industrie des Sosnowiecer Rayons, wie bemerkt, eine Erscheinung ganz neuen Datums dar.

Noch bis zu den sechziger Jahren war hier meilenweit nichts als dichter Tannenwald zu sehen, binnen 15 Jahren aber verwandelte sich die waldige Gegend in einen regen Industriebezirk, dessen Textilindustrie dem alten Łódź schon eine ernste Konkurrenz bereitet.

Es waren zwei wichtige Umstände, welche die rasche Entwicklung der Industrie im Sosnowiecer Rayon in hohem Maße begünstigten. Erstens die Billigkeit des Heizmaterials. Der südliche Teil des Gouvernements Piotrków bildet das Kohlenbecken Polens, und seine Nachbarschaft versetzte die junge Sosnowiecer Industrie in eine nicht nur im Vergleich mit Rußland, sondern auch mit den anderen Teilen Polens ausnahmsweise vorteilhafte Lage. Der Durchschnittspreis von 1 Pud Kohle beträgt je nach der Ortschaft in den betreffenden Rayons[3]:

Sosnowiecer Rayon 2,4 – 9,7 Kop.
Warschauer Rayon 11,22 – 13 Kop.
Łódźer Rayon 11,5 –14,9 Kop.

Zweitens die Billigkeit der Arbeitskraft. Diese Kohlenindustrie stellte von vornherein den Fabriken. des Rayons ein Kontingent von „freien“

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[1] l. c., S. 46. [Fußnote im Original]

[2] „Die Geschichte und der heutige Stand der Stadt Łódź“ in der „Gazeta Handlowa“ vom 3. Dezember 1896. [Fußnote im Original]

[3] Berichte der Kommission zur Untersuchung …, I, S. 33. [Fußnote im Original]