vorausschreiten. Und Calwer hat ja selbst gesagt, daß sogar die „Frankfurter Zeitung“ sich nicht an die Meistbegünstigungsklausel heranwagt.
Auf alle Schnitzer, die der Referent gemacht hat, kann ich hier nicht eingehen. Er hat u. a. die Behauptung aufgestellt, daß in unserem Warenverkehr mit Amerika die Zölle nicht von Amerika, sondern von uns getragen werden. Eine solche wissenschaftliche Leichtfertigkeit ist mir noch nicht vorgekommen. Wer die Zölle trägt, das hängt von so vielen Umständen ab, daß von Jahr zu Jahr eine Schwankung darin eintritt. Mit einer solchen wissenschaftlichen Leichtfertigkeit sollte man sich doch nicht an ein Referat heranwagen. Der Standpunkt Calwers ist nicht mehr und nicht weniger als der des Grafen Kanitz, der Krieg gegen Amerika war seine Losung. Dieser Zusammenschluß der europäischen Staaten zu einem Zollbündnis gegen Amerika ist ein alter Ladenhüter aus dem Magazin der Agrarier und anderer Schutzzöllner. Weiter meint Calwer, wir sind noch nicht imstande, die Freihandelspolitik zu befolgen, weil Amerika nichts davon wissen will. Das ist der Standpunkt, den die Regierung immer in Arbeiterschutzfragen einnimmt, das ist ein echt bürgerlicher Standpunkt. Wir aber sagen: Was wir prinzipiell für richtig halten, damit fangen wir zunächst in unserem eigenen Lande an. Calwer steht im schroffen Gegensatz zu unserem Parteistandpunkte. So kann man nur sprechen, wenn man in der Zollpolitik auf nationalem Standpunkte, nicht aber auf dem internationalen steht. Wir haben die Pflicht, nicht nur die nationalen, sondern auch die internationalen Arbeiterinteressen im Auge zu behalten, wenn nicht das, was im Kommunistischen Manifest steht, Phrase sein soll, nämlich der Satz, daß die Sozialdemokratie die Interessen der gesamten Arbeiterklasse gegenüber einzelnen Gruppeninteressen vertrete. Wir müssen uns fragen, was für alle Arbeiter aller Länder von Nutzen ist, wir müssen die amerikanischen Schutzzölle bekämpfen, nicht nur im Interesse unserer Textilindustrie, sondern auch im Interesse der amerikanischen Arbeiter, denn sie haben ebensogut wie wir darunter zu leiden. Die amerikanischen Arbeiter wissen sehr wohl, daß die schutzzöllnerische Ära mit dem Imperialismus und der Reaktion verbunden ist. Also im gemeinsamen Interesse müssen wir uns gegen die Schutzzölle in Amerika und in Deutschland wenden. (Glocke des Vorsitzenden.) Ich bitte, mir das Wort noch etwas länger zu erteilen.[1]
[1] Rosa Luxemburgs Bitte wurde nicht entsprochen. Nach erneuter Eintragung in die Rednerliste beendete sie ihre Ausführungen.