Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 792

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müßten. Ja noch mehr. Die Entwicklung der Produktion und ihrer Technik bringt die objektive Grundlage für die fortschreitende Entwicklung des Arbeiterschutzes mit sich. Dennoch sehen wir nicht nur die Bourgeoisie nicht freiwillig den Arbeiterschutz gewähren, wir sehen umgekehrt, daß alles, was bis jetzt an Arbeiterschutz erreicht worden, direkt oder – wie in England zum Teile – indirekt ein Ergebnis des Klassenkampfes der Arbeiter ist.

Nun werden wir vor die Frage gestellt, ob wir nicht durch ein Zusammengehen mit allen mit dem Arbeiterschutz sympathisierenden bürgerlichen Elementen mehr als bis jetzt durch selbständigen Kampf erreichen könnten. An sich, das heißt im Prinzip, kann ein Zusammengehen in bestimmten praktischen Fragen, z. B. wo es sich um demokratische Freiheiten handelt, mit bürgerlichen Gruppen überall da als möglich erscheinen, wo sie aus eigenem Interesse dieselben Ziele wie das Proletariat verfolgen, wo folglich die gegenseitige Unterstützung die Macht vergrößert, die gegen den gemeinsamen Feind – eine andere bürgerliche Gruppe – gerichtet wird. Im gegebenen Falle liegen jedoch die Dinge anders. Wir sehen keine bürgerliche Partei oder Gruppe, die etwa im eigenen Interesse den Arbeiterschutz anstreben und auf diese Weise eine Macht darstellen würde, mit der man sich eventuell alliieren könnte. Was uns diesmal entgegensteht, ist ein Sammelsurium heterogenster Elemente, die zusammen weder eine Klasse noch eine Partei, noch irgendeine politische Gruppe darstellen, die vielmehr jedes einzeln in verschiedenen Parteien und Gruppen fortschrittliche Eingänger, weiße Raben sind. Es ist dies im besten Falle eine zufällige Vereinigung mehr oder minder aufrichtiger Ideologen, die nicht im Namen irgendeiner gesellschaftlichen Macht, sondern in ihrem eigenen Namen an uns appellieren. Wollten diese Elemente uns in unserem Kampfe für den Arbeiterschutz unter die Arme greifen, dann würden sie sich ohne weiteres zu uns gesellen und in Reih und Glied mit uns kämpfen. Wollten sie andererseits den Widerstand der Bourgeoisie gegen unsere Forderungen auf diesem Gebiet brechen, dann brauchten sie nur eine entsprechende Agitation in den bürgerlichen Kreisen zu entfalten, wozu unsere Mitwirkung ganz überflüssig erschiene. Handelte es sich ferner darum, den bürgerlichen Freiwilligen die positive Seite der Frage, das Material, die Gesichtspunkte, die Anleitung zur Aktion mitzuteilen, dann stehen unsere Arbeiterkongresse, unsere Literatur und parlamentarische Aktion als Muster und Lehranstalten für jedermann offen. Und kommt es schließlich darauf an, unsererseits den guten Willen zur freudigen Entgegennahme auch der geringsten positiven Konzessionen zu bekunden, so wurde und wird dieser gute Wille unzählige Male bei jeder

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