tiert er nicht selbst ausdrücklich und wiederholt, die Sozialdemokratie sei in Deutschland nun und in Zukunft die einzige mögliche Arbeiterpartei? Allerdings! Denn der Herr außerordentliche Professor ist ein außerordentlich vorsichtiger Mann. Er hat aus seiner „Vogelschau“ mancherlei Beobachtungen gemacht, und er weiß Verschiedenes. Er weiß, daß „das Prestige jener Partei (der Sozialdemokratie – R. L.) in den Kreisen der deutschen Arbeiterschaft ein so großes (ist), daß Wunder geschehen oder wenigstens Jahrzehnte vergehen müßten, ehe ihm von irgendeiner andern Seite her die Spitze geboten werden könnte“ (S. 57), er weiß, daß es „einfach unklarer Utopismus“ ist, „wenn jemand glaubt, durch die Stärkung der Gewerkvereine die Sozialdemokratie beseitigen zu können“, daß „jede Politik, die sich dieses Ziel setzt, von vornherein zur Unfruchtbarkeit verdammt ist“ und daß „jeder Sturmlauf auf die Sozialdemokratie ... deren Position stärken“ wird. Er weiß mit einem Worte, um es aus dem Professoral-Welsch in ehrliches Deutsch zu übersetzen, daß, wollte sich der außerordentliche Professor vor die Arbeiter hinstellen und sie in der täppischen Weise eines Wenckstern gegen die Sozialdemokratie aufhetzen, sein „gemeinsames Streben“ mit der Arbeiterklasse ein gar jähes Ende nehmen könnte. Er erlaubt also seinem „gläubigen Gewerkschaftler“, ruhig „nebenbei“ auch ein guter Sozialdemokrat zu sein. Er will nur eins : „die Sozialdemokratie zivilisieren“ (S. 79), d. h. – wenn man die Sombartschen Sätze aus dem Gewinde von Komplimenten an die Sozialdemokratie herauswickelt und anders ordnet – in einen Sozialismus verwandeln, der in der Überzeugung besteht, daß der Übergang von der kapitalistischen zur sozialistischen Ordnung keine grundsätzlichere Neuerung umfaßt als die „Verstadtlichung einer Straßenbahn“ (S. 65), daß „intensiv wie extensiv ... das kapitalistische Wirtschaftssystem ja noch auf Jahrhunderte hinaus im Vordringen begriffen“ ist und „der Schwerpunkt des Wirtschaftslebens auf absehbare Zeit in den kapitalistischen Unternehmungen liegen“ wird [Hervorhebungen – R. L.], „daß Kapitalismus und Sozialismus keine sich ausschließenden Gegensätze sind, daß ihre Ideale vielmehr bis zu einem gewissen Grade sehr wohl in einer und derselben Gesellschaft verwirklicht sein können“ (S. 92), daß es endlich „eine reine Zweckmäßigkeitsfrage ist, ob er (der Arbeiter – R. L.) seine Interessen besser durch eine selbständige Arbeiterpartei oder durch Beeinflussung anderer, schon bestehender Parteien glaubt wahrnehmen zu können“ (S. 78), d. h., daß es eine reine Zweckmäßigkeitsfrage ist, wem die Realisierung des obigen Sozialismus zu übertragen wäre, ob der Sozialdemokratie oder dem Freisinn, den Nationalliberalen, dem Zentrum oder den Konservativen.