Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 760

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und hinter dem sogar der eifrigste Polizeirat oder Staatsanwalt keine Spur von Hochverrat wittern konnte: das Andenken an die Existenz Polens jedermann, der die Sammlung besucht, in Erinnerung zu bringen. Es ist dies eine rein kulturelle Gründung, die ebensowenig unmittelbar politischen Zwecken dienen kann wie jedes andere ethnographische Museum.

Das Museum wird selbstverständlich seit dem Tode seines Gründers, des Grafen Plater, von einem kleinen Kreise von Polen, die teils in Galizien, teils in der Schweiz leben, verwaltet. Wie wenig die Institution einen politischen und „hochverräterischen“ Charakter hat, beweist die Tatsache, daß nach dem Tode Platers, in den 80er Jahren, die Frage der Verlegung des Museums nach Krakau, also auf den k. k. österreichischen Boden, angeregt und bereits Verhandlungen mit dem Krakauer Stadtrate angeknüpft worden waren, die nur an gewissen rein formalen Bedingungen des genannten Stadtrates gescheitert waren.

Das Museum besitzt einen gewissen aus freiwilligen Beiträgen gebildeten Fonds, der den doppelten Zweck hat, einmal der Erhaltung des Museums, das einige wenige Beamte: den Kustos, den Bibliothekar, den Hauswart, beschäftigt, ferner aber der Unterstützung unbemittelter studierender Polen zu dienen.

Mehrere arme Studierende in Zürich und an anderen Universitäten der Schweiz und des Auslandes beziehen ein bescheidenes Stipendium vom Museum, wobei jedoch die Erteilung der Stipendien in keiner Weise an die politische Betätigung oder auch nur Überzeugung der Stipendiaten gebunden ist. Schreiber dieses kannte persönlich einige der Stipendiaten, die sich entweder für Politik in gar keiner Weise interessierten oder gar Sozialisten internationaler Färbung waren, also den polnischen Unabhängigkeitsbestrebungen durchaus fernstanden. Der Stipendienfonds befindet sich unter der Oberleitung des bekannten Augenarztes Dr. Galẹzowski in Paris, einer in der Gelehrtenwelt wohlbekannten, jeder politischen Betätigung dagegen fernstehenden Persönlichkeit.

So sieht das „hochverräterische“ Institut in Wirklichkeit aus.

Auf einem ganz anderen Blatte steht wiederum der sog. polnische „Nationalschatz“, der im Leipziger Prozeß von der Anklage in einen unentwirrbaren Knäuel mit dem Rapperswiler Museum verwickelt wurde! Vor allem: Der „Nationalschatz“ hat mit dem Museum in Rapperswil gar nichts gemein, es sei denn, daß einige Personen zugleich der Verwaltung des Museums angehören und für den „Nationalschatz“ agitieren, was jedoch ihre Privatsache und keineswegs durch die Organisation des Museums oder des „Nationalschatzes“ bedingt ist.

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