Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 742

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Aber auch dies scheinen viel zu hoch berechnete Löhne zu sein. Nach den Angaben von gewiß nicht pessimistisch oder arbeiterfreundlich voreingenommener Seite, nämlich von dem Berichterstatter desselben königlichen Ausschusses, vor dem Giffen seine obigen Berechnungen machte, beliefen sich die durchschnittlichen Wochenlöhne in England zwischen 1867 und 1870 auf 12 Schilling 3 Pence, zwischen 1879 und 1881 auf 13 Schilling 9 Pence und im Jahre 1892 auf 13 Schilling 5 Pence.

Es kommt nun darauf an, die allgemeine Bewegung der Löhne in dem letzten halben Jahrhundert festzustellen.

In bezug auf die Bewegung der Löhne liegen mehrere weit auseinandergehende Berechnungen und Schätzungen vor. Giffen, der hier wie sonst in den rosigsten Farben die Verhältnisse schildert, gelangt schätzungsweise zu folgendem Ergebnis:

Zahl Einkommen pro Kopf
Arbeiterschaft um 1836 9,0 Mill. 171 Mill. Pfd. St. 19 Pfd. St.
„ „ 1886 13,2 „ 550 „ „ „ 41 2/3 „ „

Die Steigerung des Durchschnitts würde demnach über 100 Prozent, d. h. mehr als eine Verdoppelung betragen! Derselbe Giffen sagt aber, wie Nostitz anführt, an einer anderen Stelle, die Löhne seien „für die meisten gelernten Gewerbe seit Mitte des 19. Jahrhunderts um 50 bis 100 Prozent, in Ausnahmefällen sogar mehr als 100 Prozent gestiegen“. Was uns also hier nur als Ausnahmefall, und zwar in den gelernten Gewerben, dargestellt wird, verwandelt sich im nächsten Augenblick in eine Regel bei den Durchschnittslöhnen, d. h. mit Einrechnung der ganzen Masse der einfachen Arbeiter, der Frauen und der jugendlichen Arbeiter! Diese in die Augen springenden Widersprüche verhindern aber Nostitz durchaus nicht, Giffen als seinen Kronzeugen jeden Augenblick zu zitieren und, wie wir noch weiter sehen werden, auf seinen Aussagen die weitest ausholenden „Betrachtungen“ zu konstruieren.

Den beiden einander widersprechenden Schätzungen Giffens steht ferner die bereits angeführte Schätzung des königlichen Ausschusses gegenüber, wonach die durchschnittliche Lohnsteigerung seit den 60er bis 90er Jahren bloß ca. 8 Prozent ausmacht, andererseits eine Drage entnommene Tabelle des Statistikers Bowley, wonach die Löhne seit den 60er Jahren in

folgender Weise gestiegen sind.

Wenn wir die Löhne des Jahres 1860 als 100 setzen, so stellen sich die Löhne in den späteren Jahren (wir geben die Tabelle nur im Auszug wieder):

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