Ranges zu Lande ist, wird nun durch seine imperialistischen Gelüste dazu getrieben, sich auch eine erste Kriegsflotte anzuschaffen.
So geht in diesem Augenblick der weltpolitische Drang in allen Großstaaten offenbar dahin, sie ganz unbeachtet ihrer verschiedenen geographischen, politischen und wirtschaftlichen Lage unterschiedslos zur höchsten Anspannung des Militarismus sowohl zu Lande wie zu Wasser anzutreiben – mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen für die innere Entwicklung dieser Staaten.
Nicht Abschwächung und Milderung der sozialen Kämpfe, sondern Steigerung der Gegensätze, Verschärfung der Kämpfe ebenso außerhalb wie innerhalb der modernen Gesellschaften haben wir demnach jetzt zu gewärtigen. Die Niederlage Englands wird unzweifelhaft in erster Linie ein starker Dämpfer für den volksfeindlichen englischen Imperialismus sein. In weiterer Folge kann sie aber, darüber dürfen wir uns nicht täuschen, nur zur erneuten Steigerung des Militarismus und der Weltpolitik mit doppelter Vehemenz führen.
Freilich können die reaktionären Folgen der militaristischen Entwicklung auch in diesem Falle nicht umhin, wiederum revolutionäre Konsequenzen zu zeitigen. Sollte in England, wie wir vermuten, bald auf den Krieg eine Reorganisation des Heerwesens nach dem Vorbilde des Festlandes, das heißt die Inaugurierung eines modernen Militarismus zu Lande, folgen, so wäre damit nicht nur einer Entwicklung zur Miliz, zum Volksheer, wie es die Sozialdemokratie anstrebt, wirksam vorgearbeitet, sondern es würde dadurch zweifellos auch eine Umwälzung in den inneren sozialen und politischen Verhältnissen Englands hervorgerufen werden, die unbedingt zur Revolutionierung des englischen arbeitenden Volkes, zur Sozialisierung seines Klassenbewußtseins, zu seiner Annäherung an die Sozialdemokratie des Festlandes führen müßte.
Und das wäre allerdings das wichtigste positive Ergebnis des gegenwärtigen Abschnittes der bürgerlichen Weltpolitik.
Leipziger Volkszeitung,
Nr. 20 vom 25. Januar 1900.