schutzzöllnerischen Gelüste, in Italien mit der musterhaften, kühlen Unbefangenheit einer wissenschaftlichen Untersuchung geführt. Gleichwohl haben sie in beiden Fällen das gleiche Resultat: den jähen Frontwechsel zur agrarischen Schutzzöllnerei, in Deutschland, indem man sich auf das zweckmäßig zurechtgestümperte Vorbereitungsmaterial stützte, in Italien, indem man sich einfach über die unbequemen Ergebnisse der Enquete hinwegsetzte und sie in den Korb warf.
Der Ausgang der bevorstehenden Revision der deutschen Handelsverträge hängt davon ab, inwiefern die Regierung es für möglich und für nötig halten wird, im Gespann agrarischer Interessen zu gehen, inwiefern der Reichstag vom Volke zu einer kräftigen Opposition gegen den agrarischen Druck angepeitscht wird. In diesem alten Kampf zwischen feudalen Ausbeutungsinteressen und den Lebensinteressen des arbeitenden Volkes spielen allerlei professorale und doktorale Räsonnements über die Handelspolitik ungefähr soviel mit wie das Miauen einer Katze bei einem Erdbeben.
Allein um so interessanter sind diese geistigen Produkte der deutschen Kathederwissenschaft als Symptome der tatsächlichen Machtverhältnisse, als unbewußte Bekenntnisse der Bourgeoisie, aus denen man – nach Entfernung des unvermeidlichen theoretischen Brimboriums – die Richtung und Stimmung gewisser Interessentengruppen, die bald in der Frage eine große Rolle spielen werden, ungefähr erkennen kann.
Ein solches Symptom von hohem Interesse ist die soeben erschienene kleine Schrift des Rostocker Professors Ehrenberg.[1] Der Verfasser, ehemaliger Sekretär der Handelskammer in Altona und eine Autorität auf dem Gebiete der Handelsgeschichte, muß zweifellos als Vertreter der fortschrittlichen, wirtschaftlich-liberalen Richtung unserer Bourgeoisie betrachtet werden. Seine theoretischen Ausführungen über die handelspolitische Entwicklung, die den ersten Teil der besprochenen Schrift füllen, atmen auch unbestreitbar den Geist einer modernen wirtschaftlichen Weltanschauung – wenigstens auf den ersten Blick. Die Grundidee, die Ehrenberg zur Basis seiner handelspolitischen Ansichten machen wollte, ist die Entwicklungstendenz von der Volkswirtschaft zur Weltwirtschaft, von mehreren miteinander rivalisierenden Wirtschaftsverbänden zu einem auf natürlicher Arbeitsteilung basierenden einheitlichen Weltwirtschaftsmechanismus.
Diese vollkommen rationelle wissenschaftliche Auffassung steht aber
[1] Ehrenberg: Handelspolitik. Fünf Vorträge, gehalten im Verein für Volkswirtschaft und Gewerbe zu Frankfurt a. M., Jena 1900. [Fußnote im Original]