wirkt die Handelspolitik der europäischen Staaten der Türkei gegenüber, die ihre politische Machtlosigkeit auch dazu ausnutzen, sich in ihr einen schutzlosen Absatzmarkt für eigene Industrien zu sichern. Neben dem Handel ist der Wucher bis heute die einzige Erscheinungsform des einheimischen Kapitals. Ökonomisch blieb also die Türkei bei der primitivsten bäuerlichen Landwirtschaft, wobei die Besitzverhältnisse sogar vielfach den halbfeudalen Charakter nicht abgestreift haben.
Es ist klar, daß eine so beschaffene materielle Grundlage der Geldwirtschaft ebenso wie den mit ihr verbundenen Verwaltungsformen und Finanzlasten nicht gewachsen war, sie wurde von ihnen plattgedrückt, und da sie sich nicht entwickeln konnte, geriet sie in einen Zersetzungsprozeß.
In zwei Extremen zugleich trat die Zersetzung der Türkei grell zutage. Einerseits entstand in der bäuerlichen Wirtschaft ein ständiges Defizit. Dieses bekam einen greifbaren Ausdruck in dem Wucherer, der zum organischen Element der Dorfgemeinde geworden ist und wie ein Abszeß den inneren Eiterungsprozeß in den Verhältnissen markiert. 3 Prozent monatlicher Zinsen bilden eine stehende Erscheinung in den türkischen Dörfern, und der regelmäßige Epilog des stillen Dorfdramas ist die Proletarisierung des Bauern, ohne daß Produktionsformen im Lande vorhanden wären, die ihm die Aufnahme in eine moderne Arbeiterklasse ermöglichten, weshalb er nur zu oft in das Lumpenproletariat herabsinkt. Diesen Erscheinungen ketten sich ferner an: der Verfall des Ackerbaues, verheerende Hungersnöte und Viehseuchen.
Auf der anderen Seite das Defizit in dem Staatssäckel. Seit dem Jahre 1854 betrat die Türkei die Bahn unaufhörlicher auswärtiger Anleihen. Der Londoner und Pariser Wucherer operiert in der Hauptstadt wie der armenische und der griechische in dem Dorfe. Das Regieren immer schwieriger, die Regierten immer unzufriedener. Bankerott in der Hauptstadt und Bankerott im Dorfe. Palastrevolutionen in Konstantinopel und Volkserhebungen in der Provinz. Das wurden die schließlichen Ergebnisse des inneren Verfalls.
Einen Ausweg aus dieser Lage zu finden war unmöglich. Die Remedur hätte nur durch eine völlige Umwandlung des ökonomischen und sozialen Lebens, durch einen Übergang zu kapitalistischen Produktionsformen herbeigeführt werden können. Es gab aber und gibt weder Ansätze zu einer solchen noch eine Gesellschaftsklasse, die als ihre Trägerin auftreten könnte. Die „wiederholt bewilligten Reformen“ des Sultans können offenbar dem Übel nicht abhelfen, denn sie reduzieren sich notwendig nur auf weitere juristische Neuerungen, die das soziale und ökonomische Leben