Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 602

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Handwerks ganz natürlichen und nützlichen Verhältnis mit dem Einzug der Großindustrie zu einem Mittel der rücksichtslosesten kapitalistischen Ausbeutung und geistigen Degradation des Arbeiters geworden war. Mit diesem Überbleibsel der „guten alten Zeit“ hat die Gewerkschaftsbewegung in Hamburg bereits zu Beginn der 80er Jahre aufgeräumt. In dem ersten Abschnitte des Kampfes, 1865 bis 1878, wurde die Forderung der Abschaffung von Kost und Logis beim Meister bei den Arbeitskonflikten in Verbindung mit anderen Forderungen in mehr als zwanzig Gewerben gestellt und mit der Zeit auch durchgesetzt.

Ferner haben die Gewerkschaften der maßlosen Ausdehnung der Arbeitszeit Schranken gesetzt. In der Periode 1865 bis 1878 wurde in Hamburg in 23 Konflikten die Forderung der Verkürzung der Arbeitszeit gestellt, in 9 Fällen mit völligem, in 4 Fällen mit teilweisem Erfolg. Noch energischer wird der Kampf zu diesem Zwecke Ende der 80er Jahre geführt. Von 1885 bis 1890 bezwecken 24 Arbeitskonflikte die Verkürzung der Arbeitszeit, in 12 Fällen mit gänzlichem, in 4 Fällen mit teilweisem Erfolg. Der ärgste Auswuchs der kapitalistischen Ausbeutung, der 13- und 14stündige Arbeitstag, ist nach und nach ganz abgeschafft, durchgängig ist die 10stündige Arbeitszeit erkämpft worden. In einigen Gewerbszweigen ist bereits der Arbeitstag von 91/2 und 9 Stunden erkämpft. Die Sonntagsarbeit ist so gut wie beseitigt, feste Ruhepausen sind durchgesetzt worden.

Was die Löhne betrifft, so besteht die Hauptaktion der Gewerkschaften darin, die Herabdrückung der Löhne abzuwehren, die einmal durch die allgemeine Steigerung der Lebensmittelpreise, dann aber auch unmittelbar durch Lohnverkürzungen herbeigeführt wurde. Dies ist auch in einigen Gewerbszweigen ganz, in einigen zum Teil gelungen. So konnte z. B. bei den Maurern ermittelt werden, daß ihr tatsächliches Durchschnittsjahreseinkommen bei Berechnung der Arbeitslosigkeit i. J. 1870 660 M, 1885 1 050 M und 1890 1 160 M betrug.[1] Freilich wurde andererseits berechnet, daß die notwendigen Ausgaben für den Haushalt einer Arbeiterfamilie von 4 Köpfen i. J. 1884 1 490 M betrugen.[2] Nach der mit dem Zollanschluß 1888 eingetretenen allgemeinen Teuerung waren aber die Ausgaben der Arbeiter in Hamburg bekanntlich im Durchschnitt um 30 Prozent gestiegen, d. h. beliefen sich demnach gegen Anfang der 90er Jahre für eine Arbeiterfamilie von 4 Personen auf etwa 1938 M. Daraus folgt, daß auch die Löhne der Maurer weder in den 80er noch in den 90er Jahren auf die den gestiegenen

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[1] l. c., S. 560. [Fußnote im Original]

[2] l. c., S. 281. [Fußnote im Original]