Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 585

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Brille gesehener Plan der sozialistischen Wirtschaft. Selbstverständlich liegt dem braven Professor von Kansas und seinen Gesinnungsgenossen, die sich mit der Frage der Kartelle herumschlagen, nichts ferner als sozialistische Bestrebungen. Sind doch selbst die Arbeitermassen in den Vereinigten Staaten erst sehr schwach vom Sozialismus ergriffen. Aber gerade deshalb ist die Richtung, in der die kartellfeindlichen Kreise des mittleren und kleinen Bürgertums ein Abhilfemittel gegen die wirtschaftliche und politische Allmacht des Großkapitals suchen, bemerkenswert. Das Ergebnis, zu dem der bisherige Krieg mit den Unternehmerverbänden geführt hat, ist: Alle innerhalb der kapitalistischen Wirtschaft und des kapitalistischen Staates probierten Mittel gegen die Entwicklung der Kartelle sind nutzlos; will man ihnen wirksam begegnen, so muß man über die heutige Wirtschaft, über das System der privatkapitalistischen Produktionsweise hinausgehen und der monopolartigen Wirtschaft des Großkapitals eine planmäßige Wirtschaft durch die ganze Gesellschaft entgegenstellen. Daß diese Erkenntnis sogar den bürgerlichen Kreisen selbst in steigendem Maße eingepaukt wird, ist für die sozialistische Arbeiterbewegung von doppelter Tragweite.

Es ist eine neue Bestätigung der Wahrheit der sozialistischen Lehre und der Unvermeidlichkeit ihrer Verwirklichung. Es zeigt sich wiederum, daß, wer immer radikal die Schäden der kapitalistischen Wirtschaftsordnung beseitigen will, ganz unbewußt mit zwingender Logik zur Abschaffung dieser Wirtschaftsordnung selbst, zur Umgestaltung der Produktion auf neuer Grundlage der gesellschaftlichen Planmäßigkeit geführt wird.

Zweitens aber haben wir hier auch einen praktischen Fingerzeig, daß die Entwicklung der Kartellwirtschaft unvermeidlich das von ihr zermalmte Kleinbürgertum in hellen Scharen in das sozialistische Lager der Arbeiterklasse treiben muß. Was heute eine verworrene und verzerrte Vorstellung der kartellfeindlichen Literaten, Professoren und Juristen, muß, sobald die Unternehmerverbände ihre Wirkung erst in deutlicherer Weise gezeigt haben und die sozialistische Arbeiterschaft auf der anderen Seite in Amerika eine Macht geworden ist, zur kapitalfeindlichen politischen und sozialen Gesinnung und Aktion der kleinbürgerlichen Masse werden.

Man hat in letzterer Zeit wiederholt die Verbreitung der Kartelle als ein mögliches Hindernis zum Siege der sozialistischen Bestrebungen hingestellt. Wir wissen nicht, und kein Mensch kann es heute voraussagen, ob die Kartelle zu einer allgemein verbreiteten Einrichtung, namentlich auf unserem Festlande, werden oder nicht. Jedenfalls, das können wir mit

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