Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 55

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nisiert seien, weil sie keine Gründe gesehen haben, warum sie nicht mit derselben vereinigt sein sollten, da die österreichische Partei eine sehr gute Organisation besitzt. Wenn also die galizischen Sozialisten nicht mit der portugiesischen Partei ein Ganzes bilden, so ist das lediglich für die letztere eine gerechte Strafe für ihre mangelhafte Parteiorganisation.

Was aber Rußland betrifft, so befindet sich der Kampf um die Wiederherstellung Polens dort geradezu im schärfsten Gegensatz zu dem Kampfe des russischen Proletariats um eine Verfassung. Und dessen sind sich die Sozialpatrioten selbst durchaus bewußt. „Stellen wir uns für einen Augenblick vor“, schreiben sie in einem Leitartikel in ihrem „Przedświt“ (Morgenröte) vom Oktober 1895, „daß wir in den Demokratismus und das nahe Bevorstehen der russischen Konstitution den Glauben gewonnen haben. Sollen wir sie in diesem Falle als eine politische Forderung aufstellen? Sofort antworten wir: nein. Zwei einander ausschließende Forderungen kann eine Partei in einem Atem nicht aufstellen.“ In der Tat; eine Bestrebung, in den gegebenen Staatsgrenzen die politischen Einrichtungen zu demokratisieren, und die andere Bestrebung, aus den gegebenen Staatsgrenzen zu entkommen, schließen einander aus. Daher bedeutet auch der Sozialpatriotismus den inneren Zwiespalt zwischen den proletarischen Kräften in Rußland und folglich die Schwächung des Kampfes gegen den Zarismus. Ein seltsames psychologisch-politisches Phänomen, daß eine Partei, welche im zarischen Rußland den Kampf um die Niederwerfung des Zarismus negiert, sich noch des erhabenen Bewußtseins erfreut, nicht nur im eigenen Interesse, sondern sogar im Interesse der ganzen zivilisierten Welt zu phantasieren! Hoffentlich wird der Vertreter der Zivilisation, das internationale Proletariat, in London eigene Interessen besser zu unterscheiden wissen als der hochgeschätzte Genosse mit seinen hochgeschätzten Freunden.

Unsere Geschichtsauffassung mißfällt dem hochgeschätzten Genossen. Um ihre Unzulänglichkeit darzutun, stellt er uns einige Fragen, die wir – wie er zu glauben scheint – von unserem Standpunkt gar nicht beantworten können.

Warum ist z. B. – trotz des vorteilhaftesten Warenverkehrs mit Rußland – „die loyale, der fremden Regierung geneigte Partei gerade am schwächsten in Russisch-Polen“? Sehr einfach: Weil der hochgeschätzte Genosse es eben erdichtet hat, daß sie am schwächsten ist. Im Gegenteil, während in Galizien und Posen das ganze zahlreiche Kleinbürgertum eine nationale Opposition bildet, ist in Russisch-Polen auch das Kleinbürgertum zum großen Teil terroristisch, dank den Vorteilen, die es aus der Zugehö-

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