Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 535

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schreiben, da sie ja selbst behaupten, der Partei keine neue Taktik vorschlagen zu wollen. Gerade deshalb würde aber die Resolution ihren Zweck gänzlich verfehlen, denn die Partei müßte sich sagen, was Bebel in Erfurt sagte, als Vollmar seine Resolution akzeptieren wollte: „Also die äußerste Rechte und die äußerste Linke vereinigen sich mit uns in dem Wortlaut der Resolution. Da meine ich nun, da muß etwas nicht in Ordnung sein, es muß in die Resolution etwas hineingetragen werden können, was nicht darin stehen soll.“[1] Will der Parteitag seiner Meinung einen unzweideutigen Ausdruck geben, so muß er unumwunden erklären, daß er die Ansichten Bernsteins sowie Schippels für unverträglich mit der bisherigen Tätigkeit sowie mit den Grundsätzen und der Taktik der Partei erklärt und sie energisch ablehnt. Dabei halten wir ebenso bei Punkt 6 wie bei Punkt 7 eine namentliche Abstimmung im Interesse der Klarheit für unbedingt geboten.

Aber es wäre Leichtsinn und Selbsttäuschung, von der bloßen Annahme einer Resolution die Überwindung der Bernstein-Schippelschen Richtung zu erwarten. Auch in Erfurt wollte Bebel mit richtigem politischem Weitblick „verhüten, daß künftig neue Leute kommen, ein beliebiger Schulze, Müller oder Cohn“, die den Vollmarschen Gedankengang wiederaufnehmen. Die Bebelsche Befürchtung hat sich bewahrheitet: Schulze und Müller und auch Cohn sind gekommen, und sie sind nicht, wie der Luthersche Teufel, mit dem Tintenfaß zu überwinden.

Will man der Gefahr der Verwässerung und Versumpfung der Bewegung im Ernst vorbeugen, so muß man zu einer Reihe praktischer Maßnahmen greifen, die dem Übel dort zu begegnen geeignet sind, wo es wuchert, d. h. in der Presse und in der parlamentarischen Tätigkeit. In diesem Sinne halten wir für notwendig:

  1. daß der Parteitag die gesamte Parteipresse, darunter in erster Linie das Zentralorgan, verpflichtet, zu jeder taktischen Frage, die in der Parteipraxis auftaucht, sich nicht nur referierend zu verhalten, sondern auch klar und deutlich Stellung zu nehmen. Der „Vorwärts“ insbesondere, als Zentralorgan, müßte als seine Pflicht und Schuldigkeit erachten, im Sinne der Gesamtpartei und nicht im Sinne der opportunistischen Opposition zu wirken, wie er dies bis jetzt, wenn auch verstohlen, bei jeder Gelegenheit getan;

  2. daß der Parteitag die Reichstagsfraktion gleichfalls verpflichtet, zu jeder auftauchenden wichtigen Meinungsdifferenz auf dem Gebiete der parlamentarischen Tätigkeit ihrerseits Stellung zu nehmen, und zwar öffentlich, indem sie ihre Stellungnahme zur Kenntnis der Gesamtpartei bringt;

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[1] Protokoll des Parteitages in Erfurt. 1891, S. 278. [Fußnote im Original]