Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 465

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„großen Herrschaften“ mit ihrem Luxus, als die Pfeiler der ganzen Wirtschaft erscheinen. Die Schippelsche Theorie ist nicht einmal ein Abklatsch der Auffassung des kapitalistischen Unternehmers, sie ist direkt ein theoretischer Ausdruck des Standpunkts des kapitalistischen Krämers.

Der Gedanke Schippels von der „Entlastung“ der Gesellschaft durch den Militarismus zeigt wieder, ganz wie seinerzeit die Ausführungen Ed. Bernsteins, daß der Opportunismus[1], wie er in der Politik zum bürgerlichen Standpunkt führt, auch in seinen ökonomischen Voraussetzungen an die bürgerliche Vulgärökonomie anknüpft.

Aber Schippel bestreitet ja unsere politischen Folgerungen aus seiner „Entlastungs“theorie. Er hätte nur von der Entlastung der Gesellschaft und nicht der Arbeiterklasse gesprochen, er hätte noch ausdrücklich, um Mißverständnissen vorzubeugen, die Versicherung eingeschoben, daß ihm „dies den Militarismus nicht angenehmer, sondern unangenehmer mache“. Man könnte glauben, Schippel hielte also vom Standpunkte der Arbeiterklasse den Militarismus wirtschaftlich für verderblich.

Wozu hat er dann auf die wirtschaftliche Entlastung hingewiesen? Welche Schlüsse zieht er aus ihr für das Verhalten der Arbeiterklasse zum Militarismus? Hören wir zu: „Natürlich macht mir das (die wirtschaftliche Entlastung – R. L.) den Militarismus nicht angenehmer, sondern um so unangenehmer. Nur kann ich von diesem Standpunkt aus auch nicht in das kleinbürgerlich-freisinnige Geschrei über den wirtschaftlichen Ruin durch die unproduktiven Militärausgaben einstimmen.“[2]* (Hervorhebung – R. L.) Schippel erachtet also die Ansicht über die ökonomisch ruinierende Wirkung des Militarismus für kleinbürgerlich, für falsch. Für ihn ist der Militarismus also kein Ruin, das „Einstimmen in das kleinbürgerlich-freisinnige Geschrei“ gegen den Militarismus, d. h. der Kampf gegen ihn, ist für ihn verkehrt; ja sein ganzer Artikel ist ja darauf gerichtet, der Arbeiterklasse die Unentbehrlichkeit des Militarismus nachzuweisen. Was bedeutet angesichts dieses seine eingeschaltete Verwahrung, ihm sei der Militarismus deshalb nicht angenehmer, sondern um so unangenehmer? Sie ist nur die rein psychologische Versicherung, daß Schippel nicht mit Genuß, sondern mit Widerwillen den Militarismus verteidigt, daß er an seiner opportunistischen Politik selbst keine Freude hat, daß sein Herz besser als sein Kopf ist.

Schon angesichts dieser Tatsache könnte ich nicht die Einladung Schippels zu einem Wettrennen „um die proletarisch-revolutionärste Gesin-

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[1] 2. Auflage: Revisionismus.

[2] Neue Zeit, Nr. 20, S. 617.