Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 462

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um ein ganzes Appartement, einige Dienstboten und eine ganze Hundegarderobe die kapitalistische Wirtschaft „entlasten“.

Schade, daß Genosse Schippel in dem kaleidoskopischen Wechsel seiner ökonomisch-politischen Sympathien jedesmal mit seinen Neigungen von gestern so gründlich bricht, daß ihm nicht die leiseste Erinnerung bleibt. Sonst würde er schon als gewesener Rodbertusianer an die klassischen Blätter des „Vierten socialen Briefes an von Kirchmann“ (S. 34 ff.)[1] denken müssen, wo sein ehemaliger Meister seine jetzige Krisentheorie vom Luxus niederschmettert[2]. Aber diese Theorie ist viel älter als Rodbertus. Konnte der Gedanke über die wirtschaftliche Entlastung speziell durch den Militarismus – wenigstens in den Reihen der Sozialdemokratie – Anspruch auf den Reiz der Neuheit erheben, so ist die allgemeine Theorie von der rettenden Funktion der Verschwendung für die kapitalistische Gesellschaft so alt – wie die bürgerliche Vulgärökonomie selbst.

Die Vulgärökonomie hat zwar auf dem Irrgang ihrer Entwicklung mehrere Krisentheorien in die Welt gesetzt, allein die, die unser Schippel sich jetzt angeeignet hat, gehört zu den trivialsten, sie steht sogar – was die Einsicht in den inneren Mechanismus der kapitalistischen Wirtschaft betrifft – tiefer als die Theorie des widrigsten Possenreißers der Vulgärökonomie, J. B. Say, wonach Überproduktion eigentlich Unterproduktion sei.

Was ist die allgemeinste Voraussetzung der Schippelschen Theorie? Die Krisen entstehen dadurch, daß im Verhältnis zur Menge der produzierten Güter zu wenig konsumiert wird, die Krisen können also durch Vergrößerung der Konsumtion innerhalb der Gesellschaft eingedämmt werden. Hier wird also die kapitalistische Krisenbildung nicht aus der inneren Tendenz der Produktion, über die Schranken des Absatzmarktes hinauszueilen, und aus der Regellosigkeit der Produktion abgeleitet, sondern aus der absoluten Unverhältnismäßigkeit zwischen Produktion und Konsumtion. Die Gütermasse der kapitalistischen Gesellschaft wird hier sozusagen als ein Reisberg von bestimmter Größe unterstellt, durch den sich die Gesellschaft durchfressen muß. Je mehr konsumiert wird, um so weniger bleibt als unverdaulicher Rest auf dem ökonomischen Gewissen der Gesellschaft lasten, um so größer die „Entlastung“. Das ist eine absolute Krisentheorie, die sich zu der relativen von Marx genauso verhält wie die Malthussche Bevölkerungstheorie zum Marxschen Gesetz der relativen Überbevölkerung.

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[1] Carl Rodbertus-Jagetzow: Das Kapital. Vierter socialer Brief an von Kirchmann, Berlin 1884, S. 32 ff.

[2] 2. Auflage: widerlegt.