Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 386

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lich matten Geschäftsgang, wo kurze Perioden des Aufschwungs mit langen Perioden der Depression abwechseln.

Daß wir uns aber unaufhaltsam dem Anfang vom Ende, der Periode der kapitalistischen Schlußkrisen, nähern, das folgt eben aus denselben Erscheinungen, die vorläufig das Ausbleiben der Krisen bedingen. Ist einmal der Weltmarkt im großen und ganzen ausgebildet und kann er durch keine plötzlichen Erweiterungen mehr vergrößert werden, schreitet zugleich die Produktivität der Arbeit unaufhaltsam fort, dann beginnt über kurz oder lang der periodische Widerstreit der Produktivkräfte mit den Austauschschranken, der von selbst, durch seine Wiederholung, immer schroffer und stürmischer wird. Und wenn etwas speziell dazu geeignet ist, uns dieser Periode zu nähern, den Weltmarkt rasch herzustellen und ihn rasch zu erschöpfen, so sind es eben diejenigen Erscheinungen – das Kreditwesen und die Unternehmerorganisationen –, auf die Bernstein als auf „Anpassungsmittel“ des Kapitalismus baut.] Die Annahme[1], die kapitalistische Produktion könnte sich dem Austausch „anpassen“, setzt eins von beiden voraus: entweder, daß der Weltmarkt unumschränkt und ins unendliche wächst oder, umgekehrt, daß die Produktivkräfte in ihrem Wachstum gehemmt werden, damit sie nicht über die Marktschranken hinauseilen. Ersteres ist eine physische Unmöglichkeit, letzterem steht die Tatsache entgegen, daß auf Schritt und Tritt technische Umwälzungen auf allen Gebieten der Produktion vor sich gehen und jeden Tag neue Produktivkräfte wachrufen.

Noch eine Erscheinung widerspricht nach Bernstein dem bezeichneten Gang der kapitalistischen Dinge: die „schier unerschütterliche Phalanx“ der Mittelbetriebe, auf die er uns hinweist. Er sieht darin ein Zeichen, daß die großindustrielle Entwicklung nicht so revolutionierend und konzentrierend wirkt, wie es nach der „Zusammenbruchstheorie“ hätte erwartet werden müssen. Allein er wird auch hier zum Opfer des eigenen Mißverständnisses. Es hieße in der Tat die Entwicklung der Großindustrie ganz falsch auffassen, wenn man erwarten würde, es sollten dabei die Mittelbetriebe stufenweise von der Oberfläche verschwinden.

In dem allgemeinen Gang der kapitalistischen Entwicklung spielen die Kleinkapitale gerade die Rolle des Faktors der[2] technischen Revolution, und zwar in doppelter Hinsicht, ebenso in bezug auf neue Produktionsmethoden in alten und befestigten, fest eingewurzelten Branchen wie auch in bezug auf Schaffung neuer, von großen Kapitalen noch gar nicht exploi-

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[1] 2. Auflage: Überhaupt setzt die Annahme.

[2] 2. Auflage: gerade nach der Annahme von Marx die Kleinkapitale die Rolle der Pioniere der.