Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 349

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Schiffswerften klagen über Arbeitermangel, weshalb Bestellungen abgelehnt werden müssen.“

Die schnelle quantitative Erweiterung des Schiffsbaues hat auch jene Umwälzungen in seiner technischen Seite beschleunigt, die sich in den letzten Jahren vollziehen. Zwei Tendenzen sind es vor allem, die sich hier sehr rasch Bahn brechen.

Erstens der entschiedene Übergang auch in der Kauffahrtei vom Typus kleiner Schiffe zu wahren Riesen der Schiffsbaukunst. Die großen Schnellpaketboote für eine große Passagierzahl sind im verflossenen Jahre in England, besonders am Clyde, in Masse gebaut worden. Und diese Riesen werden sozusagen mit jedem Monat mehr zum herrschenden Typus. Noch vor zwanzig Jahren, als der berühmte „Great Eastern“ mit seinen 200 Meter Länge gebaut wurde, da galt er allgemein als Ungetüm. Der kühne Versuch war auch zu jener Zeit den allgemeinen Formen und Anforderungen der Schiffahrt vorausgeeilt, der monströse „Great Eastern“ endete damit, daß man ihn in eine Landungsbrücke oder ein Magazin verwandelte. Heute haben sich alle Bedingungen der Schiffahrt dermaßen geändert, daß der soeben in der White Star Line vom Stapel gelassene „Oceanic“, der von Harland and Wolff für den Kurs zwischen Liverpool und New York mit 220 Meter Länge und 17 000 Registertonnen gebaut wurde, als ganz normal erscheint.

Wir sehen hier somit eine ausgesprochene Tendenz zur Konzentration des Transports. Sie wurde aber technisch erst durch den Übergang vom Gebrauche des Eisens beim Schiffsbau zum Stahl ermöglicht. Diese Stoffänderung gibt eine Ersparnis von 13 bis 14 Prozent im Gewicht des Schiffes, weshalb auch der Tonnengehalt bedeutend erweitert werden konnte. Der Stahl tritt jetzt somit an Stelle von Eisen, wie Eisen früher an Stelle von Holz trat. Um wieviel rascher jedoch die gegenwärtige Umwälzung im Vergleich zu jener früheren sich vollzieht, beweist die Tatsache, daß, während noch etwa vor zwölf Jahren neun Zehntel der englischen Handelsflotte in Eisen gebaut war, während noch 1897 auf 10,4 Millionen englischer Schiffstonnen nur 1,35 Millionen in Stahl gearbeitet waren, 1898 fast gar kein Eisen mehr auf den englischen Werften gebraucht wurde: Es betrug sein Anteil bloß 1 Prozent, während 99 Prozent Schiffstonnen mit Stahl gebaut wurden. Das Eisen wird jetzt auch nur dort gebraucht, wohin es seinerseits früher das Holz verbannt hatte: zu ganz kleinen Fahrzeugen von höchstens 225 Tonnen.

Zweitens tritt ebenso entschieden der Übergang vom Segelschiff zum Dampfschiff zutage. Noch Mitte der achtziger Jahre war nicht nur in der

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