Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 346

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rika einführen, ohne den Erzeugnissen der Union hinreichende Tarifbegünstigungen zu gewähren. Dies war ausdrücklich auf Kuba abgezielt und rief auch in Kuba einen großen Alarm und eine so starke Bewegung hervor, daß Spanien unter ihrem Drucke zu dem Handelsvertrag vom 1. August 1891 mit den Vereinigten Staaten über Kuba und Puerto Rico gezwungen wurde. Der amerikanischen Union wurde eine Reihe Zollbefreiungen, für andere Waren Zollermäßigungen von 50 bis 75 Prozent gewährt. Die obige Geschichte der kubanischen Zollverhältnisse zeigt uns in greifbarer Weise, wie die ökonomischen Beziehungen der Insel mit Spanien trotz aller Anstrengungen des letzteren immer lockerer, diejenigen zu den Vereinigten Staaten dagegen immer enger wurden, wie somit die Loslösung Kubas von Spanien und seine Annexion durch die Union durch den Gang der Entwicklung vorbereitet und auf diese Weise der materielle Grund ebenso zu der nationalen Bewegung der Kubaner wie zu dem spanisch-amerikanischen Kriege geschaffen wurde.

Der neue amerikanische Zolltarif für Kuba räumt mit dem alten spanischen System auf; er beseitigt jeden Unterschied in bezug auf die Herkunft der Ware, beschränkt stark die Ausfuhrzölle, schafft die Einfuhrzölle für eine Anzahl von Waren ganz ab, ermäßigt sie für alle anderen im Durchschnitt um 62 Prozent. Mit dem veralteten System der inneren Zölle, an dem Kuba auch noch leidet, wird gleichfalls bald aufgeräumt werden. Mit einem Worte, der Handel Kubas wird von den künstlichen Fesseln befreit und modernisiert.

Einem europäischen, besonders einem deutschen Schutzzöllner erscheint dieses Beginnen der Vereinigten Staaten ganz rätselhaft. So nennt die „Deutsche Industrie-Zeitung“ den neuen Tarif auf Kuba „verblüffend“ und wittert hinter seinen freihändlerischen Tendenzen irgendeine Tücke, eine verborgene schlaue Absicht der Union. Ein schutzzöllnerischer Kopf kann nicht begreifen, was auf der Hand liegt: daß die Vereinigten Staaten sich ganz auf die innere eigene Kraft ihres Handels verlassen können und ihm nicht erst Monopolbegünstigungen zu schaffen brauchen. Daß das System der Zollermäßigungen auch in rein fiskalischer Beziehung das vorteilhaftere ist, beweist die Tatsache, daß schon in den Monaten August, September und Oktober 1898, wo durch Verfügung der Vereinigten Staaten das Minimum des spanischen Zolltarifs auf Kuba galt, die Zolleinnahmen 221 000 Dollar betrugen gegen 165 000 in den gleichen Monaten des Vorjahres, wo noch das Maximum des Tarifs gegolten hatte.

Auch die Gegenüberstellung der spanischen und der amerikanischen Zollwirtschaft auf Kuba beweist hinlänglich: Wo der Handel keine wirt-

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