Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 341

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„Die Kommission fand, daß die Anthrazitkompanien Tausende überflüssiger Arbeiter in der Hand haben, damit sie einander in der Nachfrage nach Beschäftigung und in der Unterwürfigkeit unter alle Forderungen unterbieten; daß sie die Arbeiter absichtlich in Unkenntnis halten, wann in den Gruben gearbeitet werde und wann nicht mehr, so daß sie nicht anderswo nach Beschäftigung suchen können; daß sie sie in den Wohnhäusern der Kompanien als Mieter halten, so daß sie den Mietzins beziehen, ob die Arbeiter ihren Lohn beziehen oder nicht, und wobei die Arbeiter mit Weib und Kind mitten im Winter hinausgeworfen werden können, wenn sie streiken; daß sie die Arbeiter zwingen, größere Karren zu füllen als in der Lohnverabredung vorgesehen ist; daß sie sie zum Ankauf von Pulver und anderen Arbeitsmitteln bei den Kompanien zu enormen Preisen anhalten, desgleichen zum Ankauf der Kohle zu Preisen des Kartells und oft in einer bestimmten, den Bedarf der Arbeiter übersteigenden Quantität zwingen; daß sie die Arbeiter zur Bezahlung eines von der Kompanie gehaltenen Arztes verpflichten, ob sie ihn brauchen oder nicht; daß die Arbeiter in den Läden des Kartells ihre Lebensmittel nehmen müssen, so daß, wenn der Zahlungstag kommt, sie gar kein Geld mehr erhalten; so hat z. B. ein hart arbeitender Grubenarbeiter jahrelang oder sogar sein Leben lang sich abgerackert, ohne je einen einzigen Dollar baren Geldes in der Hand gehabt zu haben; daß die Kompanien den Arbeitern für Schieferbeimischung oder andere Verunreinigung der Kohlen die ganze Arbeit streichen und auf diese Weise 5 bis 50 Tonnen gratis auf je 100 bezahlter Tonnen Kohle gewinnen etc. etc.“

Das obige Bild, das wir übrigens nicht dem Buche Rousiers’ entnehmen, zeigt uns den Arbeiter als ein vollkommen versklavtes Werkzeug der Kartellkapitalisten, ausgepowert, tyrannisiert, erniedrigt, plattgedrückt, entmenscht! In den Kartellen feiert das Kapital seine grausamsten, niederträchtigsten Orgien.

Aber die klassenbewußte Arbeiterschaft kann in diesem wie in allen anderen Fällen nicht darin einen Ausweg suchen, daß sie das Rad der Geschichte rückwärtsdreht und die Bildung der Kartelle, wie das Kleinbürgertum in den Vereinigten Staaten, durch eine gänzlich nutzlose gesetzgeberische Verfolgung der Unternehmerverbindungen aus der Welt schaffen will. Das einzige, was eine mit der Entwicklung vorwärtsmarschierende Klasse im gegebenen Fall tun kann, ist, einerseits gegen die Schutzzöllnerei, anderseits für eine möglichst große Ausbreitung und Ausbildung der Arbeiterschutzgesetzgebung und gegen jeden Angriff auf das Koalitionsrecht mit Wucht und mit Leidenschaft zu kämpfen.

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