Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 333

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Kohlengrubenbesitzer haben glänzende Geschäfte gemacht. Wie war es aber mit den Löhnen der Arbeiterschaft? Diese betrugen (für eine Schicht) im Vergleich zum vorhergehenden Jahre:

1897 1898
in Oberschlesien 2,58 M 2,76 M
Dortmund nördl. 3,64 „ 3,83 „
Dortmund südl. 3,44 „ 3,66 „

So minimal war die Lohnsteigerung in dem am meisten florierenden Bergbau, wo obendrein die Konkurrenz der Frauen und Kinder wegfällt. In anderen Zweigen, wo die billige Frauen- und Kinderarbeit, wie die statistischen Zahlen beweisen, außerordentlich stark zugenommen hat, kann im ganzen kaum von einer Steigerung der Löhne die Rede sein. Aber darf man denn auch nur von einer minimalen Steigerung des Wohlstandes der Arbeiterklasse reden? Hier kommen vor allem als der wichtigste Faktor noch die Lebensmittelpreise in Betracht. Da der Arbeiter in der Regel sein ganzes Einkommen für den Lebensunterhalt verausgaben muß, so fällt die geringste Preissteigerung der Lebensmittel in seinem Budget schwer ins Gewicht. Im Jahre 1898 herrschte aber trotz aller Lügenberichte der Agrarier und ihrer Presse laut amtlichen Berichten eine allgemeine Teuerung. Ein Vergleich mit den Preisen des Jahres 1897 ergibt, daß 1898 billiger waren nur Stroh, Heu, Speisebohnen (um 1,5 Prozent) und Eßbutter (0,5 Prozent). Dagegen teurer sind geworden: Eier um 0,9 Prozent, Linsen um 1,5, Hammelfleisch um 1,6, Rindfleisch um 2,7, Kalbfleisch um 4, Schweineschmalz um 4, Schweinefleisch um 5,3, Eßkartoffeln um 5,5, Speck um 6,7, Erbsen um 7,2, Hafer um 10,5, Gerste um 12,1, Roggenmehl um 12,5, Weizenmehl um 13,3, Weizen um 13,8 und Roggen um 15,3 Prozent. Alle Lebensmittel des Arbeiters sind also um ein bedeutendes teurer geworden. Angesichts dessen verwandelt sich nicht nur der geringe Lohnaufschlag, der in bestimmten Industrien erzielt worden ist, in einen rein nominellen Geldzuschuß, der sofort aus der Tasche des Arbeiters in die abgrundtiefen Taschen der Agrarier wandert, sondern im ganzen stellt sich ein Defizit im Haushalt der Arbeiterklasse heraus, indem die Lohnsteigerung nicht entfernt so allgemein und beträchtlich war wie die Preissteigerung der Lebensmittel.

Im Schlußresultat der Betrachtung über das glänzende Wirtschaftsjahr 1898 und die „verblüffende Steigerung des Volkswohlstandes“, von dem die bürgerlichen Blätter in allen Tonarten singen, sehen wir, daß der ganze Rahm wieder von den bürgerlichen Klassen – Kaufleuten, Unternehmern,

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