Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 276

https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-1-1/seite/276

zu dem wir in prinzipieller Gegnerschaft stehen. Dort handelte es sich um die Bewilligung der Staatshilfe für kapitalistische Interessen, die – wie Fr. Engels selbst zugibt – möglicherweise auch den Arbeitern indirekt zugute kommen kann, hier um die Bewilligung von Kampfmitteln des Staates gegen die Arbeiterklasse. Während also dort die Bewilligung eine Zweckmäßigkeitsfrage war, ist sie hier eine Prinzipienfrage. Dies der eine Kernpunkt der Differenz.

Die Sache hat aber noch eine andere, nicht minder wichtige Seite. Die von Fr. Engels in Aussicht genommene Kompensation hat einen ganz bestimmten Charakter. Sie liegt vor allem auf dem gleichen Gebiete wie das vom Staate verlangte Objekt: für Staatshilfe zur Förderung wirtschaftlicher Interessen der Bourgeoisie Staatshilfe für wirtschaftliche Interessen der Arbeiterschaft, für Subventionierung der Kapitalistengruppen Subventionierung der Arbeiterorganisationen. Sie stellt deshalb gewissermaßen das direkteste Gegenteil der staatlichen Forderung dar. Will die Regierung Millionen jährlich den Reedern gewähren, so fordert Engels, sie solle ebenfalls einige Millionen den Arbeitergenossenschaften schenken. Er fordert obendrein, daß die Domänen statt an Großpächter an Arbeitergenossenschaften ausgepachtet, daß öffentliche Arbeiten statt an Kapitalisten an Arbeitergenossenschaften verdungen werden. Er fordert – mit einem Worte – als Gegenstück zu den Dampfersubventionen eine auf breiter Grundlage organisierte wirtschaftliche Staatshilfe für das Proletariat. Der einseitigen ökonomischen Klassenpolitik des Staates stellt er eine weitherzige ökonomische Volkspolitik entgegen. Das heißt nichts anderes, als das von der Regierung Gewollte durch ein geschicktes Spießumdrehen in sein gerades Gegenteil verwandeln, die Klassenpolitik des Staates vereiteln und verhindern, das heißt im Grunde genommen, der Regierung das vorenthalten, was sie verlangt, ihr in Form einer „Gegenleistung“ die Faust auf das Auge drücken.

Freilich verliert dadurch der ganze Vorschlag von Engels jeden „praktischen“ Wert. Das Aufstellen ganz augenscheinlich unannehmbarer Forderungen als Kompensation nimmt der Kompensation selbst – hier liegt der zweite Kernpunkt der Frage – den Charakter eines zweckmäßigen parlamentarischen Geschäftes und verwandelt sie in eine bestimmte Form des parlamentarischen Auftretens von bloß agitatorischer Wirkung. Das ist also der andere große Unterschied zwischen der Engelsschen und der Heineschen „Kompensationspolitik“, daß, während Heine einen unmittelbaren praktischen Erfolg durch seine Bewilligung erzielen will, Engels bloß eine wirksame agitatorische Form für die Ablehnung sucht. Wäre

Nächste Seite »