Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 275

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dung von öffentlichen Mitteln zur Errichtung von Eisenbahnen, Kanälen, wissenschaftlichen Versuchsstationen usw.) oder nur eine reine Liebesgabe an eine Interessentengruppe der Kapitalistenklasse ist, die mit den allgemeinen Interessen des Landes nichts zu tun hat.

Von diesem Gesichtspunkt läßt sich die sozialdemokratische Fraktion in ihrer Beurteilung der Dampfersubvention auch tatsächlich leiten. In der Reichstagssitzung vom 17. Februar 1898 sagte Molkenbuhr als unser Fraktionsredner: „Ich bin auch nicht deswegen Gegner der Subvention, weil ich Sozialdemokrat bin. Wir Sozialdemokraten haben ja stets alles unterstützt, was zur Förderung des Handels beiträgt; wir würden für die Subvention stimmen, wenn man uns beweisen könnte, daß durch die Subvention ein wirtschaftlicher Aufschwung erzielt wird, denn von einem solchen haben ja auch die Arbeiter etwas.“

Und zum Schlusse äußerte er sich noch: „Nach alledem sehe ich keinen zwingenden Grund, eine Subvention der Dampferlinien vorzunehmen. Sie kommt nur einzelnen Aktiengesellschaften zugute, die Masse des Volkes hat nichts davon, sie muß die Subvention nur bezahlen.“[1]

Ist Molkenbuhr auch zu weit gegangen, indem er meinte, die Sozialdemokratie hätte „stets alles unterstützt, was zur Förderung des Handels beiträgt“ – denn auch die Zollpolitik, auch die Kolonialpolitik dient u. U. zur Förderung des Handels, während die Sozialdemokratie in der Unterstützung dieser Dinge wenigstens bis jetzt noch nicht gesündigt hat –, so hob er in der Dampfersubventionsfrage mit vollem Recht den reinen Zweckmäßigkeitsstandpunkt hervor und wendete sich gegen die Bewilligung der Subvention nur deshalb, weil sie nicht einen allgemeinen wirtschaftsfördernden Charakter, sondern den eines bloßen Geschenks an eine kleine Unternehmergruppe hatte.

Anders im Falle Heine. Hier kam es an auf die Bewilligung von Kanonen, d. h. direkt und absolut kulturwidrigen und volksfeindlichen Machtmitteln des kapitalistischen Staates, auf Stärkung des Militarismus,

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[1] „Nun würde ich gar nicht einmal ein so großer Gegner einer Subvention deshalb sein, weil ich Sozialdemokrat bin; denn wir als Sozialdemokraten würden, wenn wir sonst eine solche Subvention für berechtigt anerkennen, prinzipiell nicht so große Gegner sein können, weil wir bisher alles unterstützt haben, was irgendwie zur Förderung des Verkehrs dient … Wir würden auch ferner als Vertreter der Arbeiter dafür eintreten können, wenn der Nachweis gebracht wird, daß die Subvention irgendwie dazu beitragen kann, den wirtschaftlichen Aufschwung zu fördern, weil ein wirtschaftlicher Aufschwung auch den Arbeitern zugute kommt.“ „Nach allem, was bis jetzt vorgebracht wird, sehe ich nicht ein, daß ein zwingender Grund vorhanden ist, jene Subvention zu bewilligen. Die Subventionen werden noch einigen Aktiengesellschaften zugute kommen, die Masse des Volks hat weiter nichts davon, als daß sie zahlen muß.“ (Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, IX. Legislaturperiode, V. Session, 1897/98, Zweiter Band, Berlin 1898, S. 1106 f.)