Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 272

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öffnet“ – auch alles geschehen, was irgend hätte geschehen sollen. Er ist in der „Sächsischen Arbeiter-Zeitung“ – zuerst durch den Abdruck im Auszuge seines ersten Artikels im „Vorwärts“, ferner durch den Abdruck seiner ellenlangen Erwiderung – zweimal zu Worte gekommen[1], und mehr für ihn zu tun würde keine Redaktion aus Rücksicht auf die Interessen des Blattes und der Leser sich veranlaßt sehen. Allerdings, hätte Gradnauer in seinen Ausführungen irgendwie Fragen von allgemeinem Interesse weiter sachlich entwickelt, ich würde ihm in unbeschränktem Maße die Spalten der „Sächsischen Arbeiter-Zeitung“ zur Verfügung gestellt haben. Es ließen sich indessen nur seinem ersten Artikel ein paar Mißverständnisse abgewinnen, die ich zur Richtigstellung einiger Punkte von allgemeinem Interesse auch benutzt habe, im weiteren drehte sich Gradnauer immer im Kreise derselben Erörterungen.

Die Polemik konnte nicht ins unendliche gezogen werden, und gerade deshalb hatte ich – schrieb ich ihm – meine zweite Replik[2] so kurz gefaßt und seine unzähligen persönlichen Anzapfungen betr. „falsche Unterstellungen“ etc. ganz unbeachtet gelassen, deshalb hatte ich ferner auch die weitere Diskussion über das Kleinbürgertum in der Partei, Opportunismus etc. von der Polemik speziell mit ihm getrennt, weil es von vornherein klar war, daß er in der „Sächsischen Arbeiter-Zeitung“ diesmal nicht mehr zu Worte werde kommen können.

Gradnauer begnügt sich nicht damit, daß er in der „Sächsischen Arbeiter-Zeitung“ eine lange Replik abgedruckt hat, daß ihm zur weiteren Polemik mit mir der „Vorwärts“ zur Verfügung steht, daß er am Ende, um gegen mich bissig zu werden, die Zähne bei Dr. Adler in Wien entlehnt[3], er hat noch, „unbeschadet dessen“, das Urteil der Dresdener Genossen gegen mich angerufen. Freilich, hätte ich gewußt, daß für Gradnauer die letzte Räson in der Polemik der Beschwerdeweg ist, so würde ich ihn im Interesse der Leser von vornherein auf diesen Weg verwiesen und mir die Mühe, mit ihm zu diskutieren, erspart haben. Es zeigt sich abermals, daß die Redakteure des „Vorwärts“ viel weniger vertragen können als seine Leser. Es liegt mir jedoch fern, das Zentralorgan etwa wieder „verspotten“ zu wollen. Waren wir doch, wie mich Gradnauer mit Recht daran erinnert, gewissermaßen Leidensgefährten, da wir in Stuttgart

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[1] Erörterungen über die Taktik. In: Sächsische Arbeiter-Zeitung (Dresden), Nr. 242 vom 18. Oktober u. Nr. 248 vom 25. Oktober 1898.

[2] Siehe Rosa Luxemburg: Erörterungen über die Taktik. In: GW, Bd. 1/1, S. 261–263.

[3] Georg Gradnauer hatte aus einem Artikel Victor Adlers Ober den Stuttgarter Parteitag zitiert, in dem Rosa Luxemburg wegen ihres revolutionären Auftretens diffamiert worden war.