Rosa Luxemburg Werke [RLW], Berlin 1970ff., Bd. 1.1, 8., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin 2007, S. 169

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für 3 Monate aufgespeichert.[1] Desgleichen werden in Rußland Vorräte an Rohstoffen, besonders an Baumwolle, für längere Zeit, in Polen dagegen nur für 2-6 Monate angelegt.[2]

Zweitens realisiert der polnische Fabrikant seine Produkte viel schneller als der russische. Der polnische gewährt seinen Abnehmern meistens nur 3-6monatigen, der russische 12–18monatigen Kredit. Der polnische produziert – nach englischem und deutschem Muster – auf Bestellung vermittelst seiner Commis voyageurs, der russische dagegen nach eigenem Ermessen, manchmal für zwei bis drei Jahre auf Vorrat.[3] Auch dieses Moment besagt, daß das polnische industrielle Kapital – caeteris paribus – zum Konkurrenzkampf besser gerüstet ist.

5. Die Konzentration der Produktion ist in Polen bedeutend größer als in Rußland. Der Produktionswert einer Fabrik war in Rubeln durchschnittlich in den mit Akzise nicht belegten Branchen[4]:

1885 1886 1887 1888 1889 1890
in Rußland 50 824 52 248 54 601 58 237 58 972 57 578
in Polen 57 875 63 860 71 894 74 051 71 305 71 248

Noch größer ist der Unterschied, wenn man einzelne Produktionszweige vergleicht. In der Kohlenindustrie z. B. stellt sich das Verhältnis folgendermaßen dar. Nimmt man die Zahl der Gruben und der Schächte sowie die Produktionsmasse in Rußland für 100, so findet man in Polen 1890 6,8% Gruben, 6,8% Schächte, 70,6% Produktion.[5]

Bei einer sechzehnmal geringeren Zahl der Schächte gleicht also die Kohlengewinnung in Polen mehr als 11/16 der russischen Kohlengewinnung. 85% der ganzen jährlichen Produktenmasse des Dabrowaer Rayons (1893) wird von 5 Betrieben geliefert.[6]

In anderen Zweigen, wie in der Baumwollindustrie, ist der Brutto-

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[1] l. c., I, S. 36, u. II, S. 105. [Fußnote im Original]

[2] l. c., II, S. 26. [Fußnote im Original]

[3] l. c., I, S. 20; A. S.: Moskau und Łódź, S. 52–54. [Fußnote im Original]

[4] Materialien … für die Jahre 1885–1887, S. VI u. XI; für das Jahr 1888, S. 106 u. 126; 1889, S. 134 u. 158; 1890, S. 110 u. 131. — Die Zahlen für Rußland beziehen sich hier wie weiter S. 169 bis 174, wenn nicht Näheres angegeben, nur auf das europäische Rußland ohne Finnland und Polen. Das asiatische Rußland kommt bei der Konkurrenzfrage überhaupt nicht in Betracht, und die Heranziehung desselben beim Vergleich würde das Bild nur noch mehr zuungunsten Rußlands verschieben.

Wenn der Verfasser des Artikels „Industrielle Politik …“ (Neue Zeit, l. c., S. 791) sagt: „Endlich ist das Kapital in Rußland mehr konzentriert. Der durchschnittliche Bruttoertrag einer Fabrik ist in Rußland 45 898 Rubel, in Polen 35 289 Rubel“, so ist diese seine Behauptung ebenso wie die von ihm angeführten Ziffern einfach aus der Luft gegriffen. [Fußnote im Original]

[5] Der Bergbau Rußlands, S. 71 u. 73. [Fußnote im Original]

[6] Die Produktivkräfte Rußlands, VII, S. 39. [Fußnote im Original]