sung der Fronarbeit getrieben, wurde er immer irrationeller bewirtschaftet und deshalb immer unergiebiger. Die Kriege der letzten Epoche Polens, nachher die napoleonische Wirtschaft in dem Herzogtum Warschau, die Kontinentalsperre[1]1 und mit ihr der Rückgang der Getreideausfuhr, das Sinken der Getreidepreise, die Abschaffung der Hörigkeit 1807, alle diese verschiedenartigen Schläge hagelten im Laufe von ungefähr zehn Jahren nacheinander auf den Grundbesitz und hatten ihn bis an den Rand des Ruins gebracht. Da er indessen die Haupteinnahmequelle im Lande bildete, so mußten auch die verhältnismäßig großen Kosten der neuen Administration des Landes mit ihrer ganzen Last wieder auf ihn fallen. Die zehnprozentige Einkommensteuer vom Grundbesitz, welche schon im alten Polen eingeführt, erst jetzt aber wirklich erhoben wurde, sollte nun auf 24 Prozent erhöht werden. Außerdem lasteten die Einquartierungen und Lieferungen für das Militär in natura auf dem Adel.
Die Folge davon war, daß der Grundbesitz in kurzer Zeit in die Klauen des Wuchers fiel. Wenn das alte Polen infolge des Verfalls der städtischen Produktion und des Handels keine städtische Kapitalistenklasse besaß, so taucht gleich nach der Teilung Polens eine solche auf. Teils bestand sie aus eingewanderten Beamten und Wucherern, teils aus polnischen Emporkömmlingen, die ihre materielle Existenz der großen politischen und ökonomischen Krise des Landes verdankten. Diese neue Bevölkerungsschicht versah nun den geldbedürftigen Adel mit Kapitalien. In hohem Maße hat übrigens den Anfang zu seiner Verschuldung schon die zehnjährige preußische Herrschaft (1796–1806) gemacht, während welcher dem polnischen Adel zum erstenmal ein organisierter Bodenkredit weit eröffnet wurde.
Für den polnischen Grundbesitz bedeutete das eine förmliche Revolution. Was in den westeuropäischen Ländern im Mittelalter durch eine langsame und stete Wirkung von Jahrhunderten bewerkstelligt wurde – die Zersetzung des patrimonialen Grundbesitzes durch den Wucher –, das ward in Polen, wo sich der Grundbesitz vom Wucher bis zu Ende der Republik frei gehalten hatte, jetzt in weniger als zwanzig Jahren fertiggebracht. Schon im Jahre 1821 mußte er von der Regierung des Königreiches durch eine Ausnahmsmaßregel – das Moratorium – vor dem Untergang gerettet werden.
[1] Am 21. November 1806 untersagte Napoleon den europäischen Staaten jeglichen wirtschaftlichen Kontakt zu Großbritannien. Die Blockade sollte Europa unter die Kontrolle der französischen Bourgeoisie bringen, sie scheiterte jedoch an der Überlegenheit Großbritanniens und am Widerstand der europäischen Staaten, besonders Rußlands, im Jahre 1812.