trotz des furchtbaren Aderlasses, den die Partei durch zahlreiche Verhaftungen erlitten hatte, trotz der raffinierten Grausamkeit und Spionage seitens der Regierung einige tausend Arbeiter das Banner des achtstündigen Arbeitstages, und nur dadurch, daß in den Fabrikstädten die ganze Militärmacht entfaltet wurde, gelang es, „die Ruhe aufrechtzuerhalten“.
Der Charakter und die Bedeutung der Maifeier bei uns steht der in Österreich am nächsten; doch hat sie für uns eine noch größere Bedeutung, weil sie die einzige Gelegenheit zu offener Massenmanifestation ist. Die Maifeier rüttelt die weitesten Massen des Proletariats auf und weckt sie aus ihrem tiefen Schlafe. Infolge unserer Lage kann dieselbe bei uns keine andere Form erhalten als die der Arbeitseinstellung. Diese konkrete, grelle Art der Demonstration ist allein imstande, Begeisterung hervorzurufen und Einfluß zu üben; sie trägt, wie in Österreich, den Charakter einer politischen Manifestation. Beim vollständigen Mangel an politischen Freiheiten und Rechten verbindet sie mit der Forderung des Achtstundentages die des allgemeinen Wahlrechts, des Versammlungs- und Vereinsrechts, der Freiheit des Gewissens, der Sprache, des Wortes und der Schrift. Solche Forderungen enthalten alle bei dieser Gelegenheit gedruckten Proklamationen. Schließlich ist die Maifeier die einzige konkrete Form, bei der die internationale Solidarität unsern Massen ersichtlich wird; sie ist fast die einzige Gelegenheit, bei welcher unser Proletariat sich als Glied der mächtigen internationalen Arbeiterarmee fühlen und betätigen kann.
So stellt sich die Tätigkeit unserer Sozialdemokratie in den letzten vier Jahren dar. Gestützt auf die Prinzipien der internationalen Sozialdemokratie, verfolgt sie unentwegt ihr Ziel; schwer muß jeder Schritt von ihr erkauft werden. In der kurzen Zeit von vier Jahren verloren Hunderte von Genossen die Freiheit; von den vier Maifeiern endeten zwei, ähnlich wie in Fourmies, mit einem blutigen Zusammenstoß mit dem Militär. – Im Jahre 1891 feiern die Arbeiter ruhig und ernst wie überall, das Militär greift sie an und provoziert einen blutigen Kampf. – Im nächsten Jahre liefern 80 000 Arbeiter in Łódź der Soldateska eine förmliche Schlacht, und das wiederum infolge der Provokation seitens der Polizei. Die Verhaftungen reißen fast jeden Tag Genossen aus den Reihen der Kämpfer; die Warschauer „Zitadelle“ hat oft nicht Platz genug, um alle Gefangenen aufzunehmen, und trotz dieser Opfer wird der Kampf beharrlich fortgesetzt. Es wurde ihm eben in der letzten Zeit eine neue Waffe in Gestalt der sozialdemokratischen, im Ausland erscheinenden Arbeiterzeitung „Sprawa Robotnicza“ zu Diensten gestellt.
Die Arbeiterbewegung im Königreich Polen wurde allmählich zur wich-